planet diversityBerlin (epo.de). - Zum Auftakt der Verhandlungen der 9. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) rufen 80 Bauern-, Entwicklungs- und Umweltschutzorganisationen unter dem Motto "Regional - Fair - Gentechnikfrei" zu einer Demonstration am Pfingstmontag in Bonn auf. Sie fordern eine radikale Wende in der Agrarpolitik, faire Lebensmittelpreise, freien Zugang zu Saatgut und Wissen und bei der Wahl der Lebensmittel und Anbaumethoden. Sie wenden sich gegen industrielle Monokulturen, Agrar-Sprit und Billigfleisch-Subventionen, gegen Gentechnikkonzerne, die für die eigenen Schäden nicht haften wollen und gegen Spekulationen an den Weltagrar-Börsen, die Millionen Menschen das Leben kosten können.

Auf der Demonstration sprechen unter anderen José Bové (Frankreich), Vandana Shiva (Indien), Farida Akhter (Bangladesh), Percy Schmeiser (Kanada), Mamadou Coulibali (Mali), ein Vertreter von Via Campesina (Brasilien), Ibolya Tamás és Gedó (Ungarn), Maya Graf (Schweizer Nationalrätin), Ulrich Kelber (SPD, MdB), Dorothee Lindenkamp (Bäurin), Claudia Warning (Verband der Entwicklungspolitischen NGOs), Hubert Weiger (BUND), F.-W. Graefe zu Baringdorf (AbL, grüner Europaabgeordneter) und Benny Haerlin ("Planet Diversity").

Ab Pfingstmontag verhandeln in Bonn zum Auftakt der CBD 140 Unterzeichnerstaaten des Protokolls für biologische Sicherheit über internationale Haftungsregeln für Gentechnik-Schäden. Dazu Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland: "Wir fordern die Bundesregierung auf, den Schmusekurs mit den großen Gentechnikkonzernen aufzugeben und sich für verbindliche internationale Haftungsregeln einzusetzen. Denn in Entwicklungsländern sind Bauern den möglichen Schäden und Verunreinigungen ihrer Ernten durch gentechnisch veränderte Organismen bisher recht- und schutzlos ausgeliefert."

"Die Preisexplosion für Lebensmittel in aller Welt ist nicht die Folge von Missernten oder Mangel, sondern von Spekulationen und unfairer Konkurrenz auf den globalen Agrar-Märkten", erklärte Rudolf Buntzel vom Evangelischen Entwicklungsdienst EED.  "Erst wurden Entwicklungsländer durch Liberalisierung und Dumpingangebote in die Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten getrieben. Jetzt stehen sie vor dem Aus: die eigene Landwirtschaft ruiniert, die Importware unerschwinglich. Das stürzt Millionen in neues Elend und vermeidbaren Hunger."

"Deutschland und die EU müssen sofort ihre Pläne zur Beimischung von Agrar-Sprit aufgeben", fordert Stephanie Töwe von Greenpeace. "Autofahrer dürfen nicht gezwungen werden, mit Autos Lebensmittel zu verheizen, die den Ärmsten der Welt zum Leben fehlen."

"Der Weltagrarrat hat soeben eine radikale Wende in der Agrarpolitik gefordert, um künftig eine nachhaltige und faire Versorgung mit Lebensmitteln zu gewährleisten, ohne deren natürliche und soziale Grundlagen zu zerstören", sagte der Geschäftsführer der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler, Reiner Braun. "Die innovative Nutzung und Verbreitung angepasster Technologien ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Wir müssen den Energie- und Pestizid-Einsatz herunterfahren, kleinbäuerliche Strukturen fördern und die lokale Selbstbestimmung in der Agar- und Ernährungspolitik respektieren."

"Der biologische Landbau und andere Formen agro-ökologischer Landwirtschaft, beweisen gerade in den Ländern des Südens, dass eine radikale Reduktion von Gift- und Energieeinsatz ohne Verlust an Nährwert und mit hohem Gewinn für die ländliche Entwicklung möglich ist", bemerkte Gerald A. Herrmann, Präsident der Weltvereinigung der biologischen Landwirtschaft, IFOAM.

"Einige Chemie- und Gentechnik-Konzerne versuchen jetzt mit dem Elend, das sie selbst mit verursachen, ihr Süppchen zu kochen. Sie sind nicht Teil der Lösung sondern Teil des Problems. Gentechnik vernichtet Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, führt zu agrarindustrieller Landwirtschaft, wird vorrangig in Monokulturen für Futter- und Energiepflanzen eingesetzt, trägt nicht zur Ertragssteigerung und erst recht nicht zur Ernährungssicherheit bei", erklärte Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft.

Für Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft lautet die entscheidende Frage "Vielfalt oder Monokulturen?" Vielfalt sei die einzige, seit Millionen Jahren bewährte Innovationskraft der Natur. Die Monokulturen der industriellen Landwirtschaft seien ihr schlimmster Feind. "Um dem Artensterben und der Zerstörung der landwirtschaftlichen Vielfalt Einhalt zu gebieten, reicht es nicht, Saatgut in der Arktis tiefzufrieren oder in Genbanken zu digitalisieren und zu patentieren. Vielfalt muss leben, um sich fortzuentwickeln und zu erhalten. Sie lebt und gedeiht nur in und mit der Vielfalt der Kulturen dieses Planeten: Wir sind die Vielfalt!"

Weitere Informationen zur Demonstration, zum anschließenden "Pfingstfestival der Vielfalt" in den Bonner Rheinauen und zur internationalen Konferenz "Planet Diversity" vom 13. bis 15. Mai mit über 500 Teilnehmern aus 90 Ländern finden sich unter www.planet-diversity.org.