CBD COP9Bonn (epo.de). - In Bonn hat am Montag die 9. Vertragsstaaten-Konferenz der UN-Konvention über Biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) begonnnen. Zentrale Themen der UN-Konferenz, die bis 30. Mai dauert, sind Biodiversität in der Landwirtschaft und die Problematik des Biosprit-Anbaus, globale Strategien zum Pflanzenschutz, der Schutz der Artenvielfalt in Wäldern und der Stand der Umsetzung der 1992 auf dem "Erdgipfel" der Vereinten Nationen beschlossenen Ziele zum Schutz der Artenvielfalt. Durch die Nahrungsmittelkrise in mehr als 30 Ländern des Südens und weltweit steigende Lebensmittelpreise hat die Konferenz zusätzliche Brisanz erhalten.  

Unmittelbar vor dem Biodiversitätsgipfel, zu dem rund 5.000 Teilnehmer in Bonn erwartet werden, hatten zum vierten Mal die Vertragsparteien des Cartagena-Protokolls über die biologische Sicherheit getagt. Deutschlands Umweltminister Sigmar Gabriel hatte im Vorfeld vor einem Scheitern des Gipfels gewarnt. "Die 9. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention zum Schutz der biologischen Vielfalt ist das letzte Treffen der Vertragsstaaten vor 2010. Die Weltgemeinschaft steht an einem Scheideweg: Entweder es gelingt uns jetzt, bis zum Jahre 2010 den Schutz der biologischen Vielfalt weltweit grundlegend voranzubringen, oder wir beweisen der Weltbevölkerung, dass es nicht viel wert ist, wenn 190 Staaten - fast alle Staaten der Erde - ein Übereinkommen unterschreiben", sagte Gabriel in Berlin.

Im Strategischen Plan des Übereinkommens wurde 1992 das Ziel festgelegt, den Verlust der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 entscheidend zu verringern. Das "2010-Biodiversitätsziel" war beim Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2002 in Johannesburg durch die Staats- und Regierungschefs bestätigt worden. "Doch trotz dieses weltweiten Bekenntnisses nimmt die Biodiversität weiterhin weltweit dramatisch ab", konstatierte das Bundesumweltministerium (BMU). Das Thema biologische Vielfalt zählt inzwischen neben dem Klimawandel zu den dringlichsten internationalen Politikfeldern. "Wir müssen die Konferenz nutzen, um wirksame Maßnahmen zu beschließen und die Trendwende beim anhaltenden Artensterben einzuleiten", sagte Gabriel.

Zu den wichtigsten Zielen der Konferenz gehören nach Gabriels Worten Fortschritte beim Zugang zu genetischen Ressourcen und beim gerechtem Vorteilsausgleich, dem sogenannten ABS-Regime. Gabriel: "Die Entwicklungsländer bezeichnen es zu Recht als Biopiraterie, wenn Industrienationen sich im Regenwald genetischer Ressourcen unerlaubt bedienen, daraus Medikamente machen, aber keinen Cent zurückzahlen. Deutschland und die EU wollen auf dem Weg zu verbindlichen ABS-Regeln ein starker Partner sein und auch beim globalen Schutzgebietsnetz mit einem finanziellen Beitrag einen großen Schritt voran machen."

Gabriel forderte, bis zum Jahr 2010 sollten die Arbeiten an einem internationalen Regelungswerk zu ABS abgeschlossen werden. Bei den anstehenden Verhandlungen gehe es darum, die Gegner einer völkerrechtlichen Regelung von der Richtigkeit dieses Ansatzes zu überzeugen und einen straffen Fahrplan bis 2010 mit den möglichen Elementen eines solchen ABS-Regimes zu vereinbaren.

Als weiteres wichtiges Thema der Konferenz nannte Gabriel die Verbesserung der Finanzierung des globalen Biodiversitätsschutzes. Ziel sei es, eine ambitionierte Strategie zur Mobilisierung finanzieller Ressourcen zu verabschieden. Hierzu müssten neue Finanzierungsquellen erschlossen werden. "Deutschland setzt dies 2008 erstmals in die Tat um: wir werden die Erlöse aus der Versteigerung von CO2-Zertifikaten im Rahmen der Klimaschutzinitiative auch für die Erhaltung natürlicher Kohlenstoffsenken wie Wälder und Moore und zur Anpassung von Lebensräumen an den Klimawandel nutzen. Dafür stehen uns bis zu 40 Millionen Euro jährlich zur Verfügung."

Die Errichtung eines weltweiten Netzes von Schutzgebieten an Land und auf dem Meer ist laut Gabriel eines der zentralen Anliegen Deutschlands für die Konferenz. "Wir wollen eine neue Dynamik auslösen, beim Schutz bedrohter Ökosysteme einen deutlichen Schritt voran zu kommen." Ein "Leuchtturm der Konferenz" werde die deutsche "LifeWeb Initiative" sein – ein Instrument zur beschleunigten Umsetzung eines weltweiten Schutzgebietsnetzes an Land und auf dem Meer, das der Bundesumweltminister auf dem Ministersegment der Konferenz präsentieren will.

Die Grundidee dabei ist, dass Staaten ihre Bereitschaft erklären, neue Flächen als Schutzgebiete auszuweisen, wenn dafür im Gegenzug Finanzmittel bereitgestellt werden. Dieses Angebot an die Weltgemeinschaft solle von Geberländern durch entsprechende Finanzierungszusagen beantwortet werden. Gabriel: "Wir werden die nächsten 2,5 Jahre der deutschen CBD-Präsidentschaft dazu nutzen, diese Initiative weltweit voranzubringen, damit bis zum Jahr 2010 noch möglichst viele ausreichend finanzierte Schutzgebiete geschaffen werden können."

CBD-Vertragsstaatenkonferenzen werden neben Regierungsdelegationen auch von Naturschutz-, Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, wissenschaftlichen Institutionen und sonstigen Akteuren begleitet. An der letzten Konferenz im Jahr 2006 in Brasilien nahmen insgesamt etwa 4000 Delegierte und Beobachterinnen und Beobachter aus 190 Staaten teil. Für Bonn haben sich rund 5.700 Teilnehmer angemeldet, darunter 500 Journalisten aus aller Welt.

RIO DE JANEIRO 1992: UNCED

Die auf der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED, "Erdgipfel") im Juni 1992 verabschiedete Konvention zum Schutz der biologischen Vielfalt (CBD) soll Mechanismen bereit stellen, um Tier- und Pflanzenarten weltweit zu schützen. Auf dem Umweltgipfel in Rio waren viele der Industrielä??nder dafü??r eingetreten, die Arten vorzugsweise in ihrem natü??rlichen Lebensraum zu schü??tzen. Damit sahen sie die Länder mit der größten Artenvielfalt in den Tropen am Zug. Die Entwicklungsl??änder wehrten sich gegen zu strikte Verpflichtungen, da sie bei einem weitgehenden Verzicht auf die Ausbeutung ihrer nat??ürlichen Ressourcen eine "Entwicklungsbremse" mit finanziellen Einbußen befü??rchteten.

Strittig war schon in Rio de Janeiro die von seiten der Industriel??änder geforderte Patentierung genetisch verä??nderter Lebewesen im Rahmen der Biotechnologie. Die Entwicklungsl??änder forderten als Ursprungslä??nder der meisten genetischen Ressourcen den kostenlosen Zugang zu Patenten und die Unterstü??tzung bei der Bereitstellung umweltschonender Technologien. Kurz vor Beginn der Rio-Konferenz einigten sich Industrielä??nder und Entwicklungslä??nder bei Vorverhandlungen in Nairobi auf einen Kompromiss, der die finanzielle Unterstü??tzung der Lä??nder des Sü??dens ü??ber den Umweltfonds der Weltbank in den Mittelpunkt stellte.

Bei den Verhandlungen in Rio hatte sich vor allem die Delegation der USA gegen eine Unterzeichnung der Biodiversitäts-Konvention gewehrt. Der Leiter der US-Umweltschutzbeh??örde (EPA), William K. Reilly, erklärte unter dem Druck US-amerikanischer Konzerne vor der Weltpresse in der brasilianischen Metropole, ein unzureichender Schutz von Firmenpatenten f??ür im Rahmen der Biotechnologie genetisch ver??änderte Lebewesen stehe aus US-Sicht einer Unterzeichnung entgegen. 


 Ressourcen zum UN-Gipfel über Biologische Vielfalt (CBD, COP9), von 19. bis 30. Mai 2008 in Bonn

UN-Konvention über Biologische Vielfalt (CBD)
BD COP 9
NGO-Netzwerk Biologische Vielfalt 
Forum Umwelt & Entwicklung
CBD-Alliance (NGO-Bündnis)
Deutscher Clearing-House Mechanismus (CHM)
Deutscher Knoten der Global Biodiversity Information Facility (GBIF)
Genetische Ressourcen für Ernährung, Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft (GenRes)
Bundesumweltministerium (BMU)
Entwicklungsministerium (BMZ)
epo.de Umwelt > Artenschutz


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