Berlin/Paris (epo.de). - In Paris ziehen am Donnerstag auf der internationalen Afghanistan-Konferenz fast 90 Staaten und internationale Organisationen zur Halbzeit des "Afghanistan Compact" eine politische Bilanz über den Stand der Sicherheit, des Wiederaufbaus und der Entwicklung. Während der Konferenz soll auch die nationale Entwicklungsstrategie (ANDS) für den Wiederaufbau bis 2012 vorgestellt werden. Die deutsche Regierung hat Afghanistan aus diesem Anlass 420 Millionen Euro neues Geld zugesagt. 

So sollen die Ziele des in London 2006 gemeinsam zwischen Afghanistan und der Internationalen Gemeinschaft vereinbarten Compact auf afghanischer Seite umgesetzt werden. Damit gehe Afghanistan einen bedeutsamen Schritt für den weiteren Aufbau und die Zukunft des Landes durch mehr Eigenverantwortlichkeit, erklärte das Auswärtige Amt (AA) in Berlin.

Frieden in Afghanistan bedeute auch Sicherheit für Deutschland und Europa, so das AA. Deutschland stehe als viertgrößter bilateraler Geber fest zu seinem Engagement in Afghanistan und werde die Umsetzung der afghanischen Entwicklungsstrategie aktiv unterstützen. Die Bundesregierung sagte Afghanistan deshalb zu, für die Jahre 2008 bis 2010 insgesamt 420 Mio. € für den Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen. Damit ist der gesamte Zeitraum abgedeckt, der im Afghanistan Compact von London zur Umsetzung der darin definierten mittelfristigen Ziele definiert worden war. "Mit dieser Zusage wird Deutschland seine vielfältigen Unterstützungsleistungen für Afghanistan auf hohem Niveau fortsetzen", heißt es in der Erklärung des AA.

AA SPRICHT VON ERFOLGEN

"Zur Halbzeit des Afghanistan-Compact lässt sich sagen: Der vernetzte und ausgewogene Einsatz von politischen, entwicklungspolitischen, polizeilichen und militärischen Maßnahmen zahlt sich aus, es gibt bereits beachtliche Erfolge", behauptete das AA in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme zur Pariser Konferenz. "Die Verfassungsorgane sind aufgebaut, die Friedensdividenden des Aufbaus werden für einen immer größeren Teil der Bevölkerung spürbar, im Bereich von Infrastruktur, Gesundheit und Bildung sind sichtbare Fortschritte zu verzeichnen."

Für viele in Afghanistan tätige Nichtregierungsorganisationen stellt sich die Situation ganz anders dar: Aus der Sicht der Welthungerhilfe http://www.epo.de/index.php?option=com_content&task=view&id=3938&Itemid=68 fehlt ein System mit klaren Indikatoren, an denen der Erfolg von Hilfsmaßnahmen gemessen und bei Fehlentwicklungen gegengesteuert werden kann. So kämen etwa 40 Prozent der zivilen Mittel für den Wiederaufbau aus den USA. Die Amerikaner bezögen die afghanischen Ministerien kaum ein und unterlägen keinerlei Kontrolle oder Absprache mit anderen Hilfsgebern, so die Welthungerhilfe. Das Hilfswerk der deutschen Caritas kritisierte, dass die militärischen Ausgaben die gesamte westliche Entwicklungshilfe um das 14-fache überstiegen. "Neue Studien belegen, dass der US-Militäreinsatz täglich 100 Millionen Dollar verschlingt", sagte Caritas-Präsident Peter Neher.

Deutschland unterstützt u.a. Maßnahmen zur nachhaltigen ländlichen Entwicklung, zur beruflichen Wiedereingliederung von Flüchtlingen und finanziert Beschäftigungsprogramme, etwa im Bereich von arbeitsintensiven Infrastrukturvorhaben. Angesichts der weiterhin fragilen Sicherheitslage bleibe der Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte "von überragender Bedeutung", so das AA. Im Bereich des militärischen Engagements habe der NATO-Gipfel in Bukarest bereits die erforderlichen Entscheidungen getroffen. Es gelte, das Land "Schritt für Schritt in die Lage zu versetzen, selbst für seine Sicherheit zu sorgen und so mittelfristig die Aufgaben, die heute noch die internationale Gemeinschaft leistet, zu übernehmen".

Für den Polizeiaufbau hatte die Bundesregierung ihre Hilfsgelder im Jahr 2008 bereits verdreifacht. Insgesamt wurden seit 2002 bisher rund 22.000 afghanische Polizisten durch deutsche Trainer oder unter deutscher Anleitung aus- und fortgebildet. Darüber hinaus intensiviert Deutschland derzeit die Ausbildungsmaßnahmen durch die Entsendung von Polizeitrainern auf Kurzzeitbasis, um im Vergleich zum Jahr 2007 die Anzahl der jährlich Auszubildenden bis 2009 auf rund 3000 zu verdoppeln.

Auf deutsche Initiative haben die EU-Mitgliedstaaten am 26. Mai mit Blick auf die Pariser Konferenz zudem beschlossen, die Personalstärke der europäischen Polizeimission EUPOL zu verdoppeln. Die Bundesregierung sei bereit, die Zahl ihrer Polizeiberater von 60 auf 120 zu erhöhen, so das AA.

Ein weiterer Pfeiler beim Aufbau "selbsttragender afghanischer Sicherheitsstrukturen" ist für das AA die Ausbildung der afghanischen Armee. Die deutsche Regierung steigert seit Mitte 2006 ihre Ausbilder- und Mentorenteams, um im deutschen Verantwortungsbereich "Nord" rund 7500 afghanische Soldaten auszubilden. Der Personaleinsatz wird laut AA von aktuell 5 Teams mit 120 deutschen Soldaten bis März 2009 auf 7 Teams mit 200 Soldaten gegenüber 2007 verdreifacht.

Die Bundesregierung will mit den "afghanischen Partnern" offen über die Mankos sprechen, die den Wiederaufbau behindern: "der Kampf gegen die Korruption, Verbesserungen im Bereich der Regierungsführung sowie auch die Bekämpfung des Drogenanbaus". Darüber hinaus wird von "Bildungs- und Beschäftigungsperspektiven" gesprochen. Die USA hatten angekündigt, im Zeitraum von zwei Jahren rund zehn Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau bereitstellen zu wollen.

www.auswaertiges-amt.de

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