data report 2008

Berlin (epo.de). - Die sieben reichsten Industrienationen und Russland (G8) hatten auf ihrem Gipfel 2005 im schottischen Gleneagles versprochen, Afrika bis 2010 jährlich 22 Milliarden US-Dollar zusätzlich zukommen zu lassen. Die europäischen Mitglieder der G8 haben gemeinsam 75 Prozent dieses Versprechens übernommen. Bislang sind aber nur Entwicklungshilfe-Steigerungen von drei Milliarden Dollar - 14 Prozent der Versprechen - realisiert worden. Das geht aus einem neuen Bericht der entwicklungspolitischen Lobbyorganisation DATA hervor, der am Mittwoch in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der Bericht sei "Ansporn, weiter für steigende Mittel in der Entwicklungszusammenarbeit zu kämpfen", sagte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul.

Unmittelbar vor dem EU Ratstreffen, dem Ende der deutschen Haushaltsberatungen und wenige Tage vor dem G8-Gipfel stellte DATA Deutschland gemeinsam mit der Schauspielerin Anke Engelke, dem ehemaligen Chef des OECD-Entwicklungsausschusses Richard Manning und Gerald Walterfang, Geschäftsführer der Hilfsorganisation KeNAAM in  Kenia, seinen jährlichen "G8-TÜV" vor. Deutschland hat nach den Erkenntnissen von DATA als G8-Gastgeber im vergangenen Jahr viel geleistet, muss sich aber noch stärker anstrengen, um seine internationalen Zusagen einzuhalten.

DATA forderte die Bundesregierung auf, beim Beschluss zum Bundeshaushalt 2009 am 2. Juli eine Erhöhung von mindestens 750 Millionen Euro für Armutsbekämpfung in Afrika einzuplanen. 2007 stieg Deutschlands Entwicklungshilfe für Afrika um 13 Prozent. DATA schätzt, dass für 2008 die Erhöhung mindestens genauso hoch ausfällt.

Die G8-Versprechen wurden DATA zufolge bisher nur schleppend umgesetzt. Dennoch sei in Verbindung mit bemerkenswerten Anstrengungen der Regierungen in Afrika viel erreicht worden: Zwischen 1999 und 2005 konnten dem Bericht zufolge 29 Millionen Kinder zusätzlich eingeschult werden. 26 Millionen Kinder wurden gegen eine Reihe von lebensbedrohlichen Krankheiten geimpft. 2,1 Millionen Menschen in Afrika erhalten lebensrettende Aids-Medikamente; 2002 waren es nur 50.000.

"Der Einsatz der Regierungen in Nord und Süd hat nachweislich Millionen von Menschenleben gerettet und Millionen von Leben verbessert", sagte die Schauspielerin Anke Engelke vor der Presse in Berlin. "Durch das Zeitlupentempo der G8 blieben aber vielen Menschen Medikamente und andere Hilfe versagt. Um ihre Versprechen bis 2010 noch einzuhalten, müssen wir nun Hilfe im Zeitraffer bereitstellen. Deshalb gilt für Deutschland: 'Nicht aufhören. Weitermachen!' Denn Hilfe hilft. Afrika und uns."

"Deutschland hat zwar die G8-Präsidentschaft an Japan übergeben, muss aber weiterhin Motor in Sachen Armutsbekämpfung bleiben. Bei den bevorstehenden Gipfeltreffen von EU und G8 muss Kanzlerin Merkel vor allem in den Bereichen Gesundheit und Landwirtschaft politische Führung übernehmen", forderte Tobias Kahler, Direktor von DATA Deutschland. Er kritisierte, dass die EU-Agrarpolitik die durch die Entwicklungspolitik angestrebten Fortschritte konterkariere.

Der DATA Bericht evaluierte, basierend auf Statistiken, die im Zusammenhang mit der Paris Erklärung zur Effektivität der Entwicklungshilfe aus dem Jahr 29005 erhoben werden, erstmals auch die Effektivität von Entwicklungszusammenarbeit. Hier belegt Deutschland Platz 2 unter den G7-Staaten, gleichauf mit Kanada. Großbritannien führt das Ranking an. Italien und die USA belegen die hinteren Plätze.

Die Unterstützung durch Entwicklungshilfe-Geber für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria habe es in Kenia ermöglicht, seit 2007 rund 3,2 Millionen Moskitonetze zu kaufen, sagte Gerald Walterfang von der Kenya NGO Alliance Against Malaria (KeNAAM). Auch in Ländern wie Ruanda oder Äthiopien hätten die Infektionsraten beträchtlich reduziert werden können.

Engelke zufolge kostet ein Moskitonetz rund fünf Euro. Alle 30 Sekunden sterbe ein Kind in Afrika an Malaria, sagte die Schauspielerin. Sie sammelt regelmäßig Spenden für die action medeor, um die Situation verbessern zu helfen.

Richard Manning hob hervor, die Hilfe für Afrika sei vor allem dann effektiv, wenn sie lokal umgesetzt werde und die "Ownership" von Programmen in die Hände der afrikanischen Partner gelegt werde. Wichtig sei auch eine bessere Koordination der Hilfe durch die Geberländer. Er habe aber die Befürchtung, dass die westlichen Regierungen ihre Versprechen nicht einhalten könnten.

DATA (Debt AIDS Trade Africa) macht sich weltweit für die Interessen Afrikas stark und berichtet mit dem jährlichen DATA-Bericht über Fortschritte der G8-Staaten in der Umsetzung politischer Lösungen für die Notlage des Kontinents. Die Organisation arbeitet eng mit den Musikern Bono und Bob Geldof zusammen und wird überwiegend von der Bill und Melinda Gates Stiftung finanziert.

WIECZOREK-ZEUL: ANSPORN
 
"Die gewaltigen Anstrengungen der vergangenen Jahre zeigen Früchte: Durch die Arbeit der G8 erhalten mittlerweile mehr als zwei Millionen Menschen in Afrika lebensverlängernde Aids-Medikamente. Das zeigt, dass sich unsere Arbeit lohnt", erklärte die deutscher Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) zur Vorstellung des DATA-Berichts 2008. "Es freut mich, dass auch die Zivilgesellschaft diese Fortschritte anerkennt." Den DATA-Bericht wertete die Ministerin als Unterstützung der Arbeit des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

Um die international vereinbarten Ziele zu erreichen, seien noch weitere Anstrengungen nötig, betonte die Ministerin. "Deshalb verstehe ich den DATA-Bericht vor allen Dingen als Ansporn, weiter für steigende Mittel in der Entwicklungszusammenarbeit zu kämpfen", sagte Wieczorek-Zeul.

Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass, wie der Bericht zu Recht festhalte, seit dem G8-Gipfel in Heiligendamm im vergangenen Jahr vieles erreicht worden sei. "So ist der BMZ-Haushalt für 2008 um 641 Mio. Euro auf 5,135 Mrd. Euro gestiegen", erläuterte die Ministerin. Insgesamt liege die deutsche ODA 2007 nach vorläufigen Berechnungen bei rund 8,96 Mrd. Euro, d.h. bei 0,37% des Bruttonationaleinkommens. Des weiteren werde Deutschland ab 2008 seine jährlichen Mittel zur Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose und zur Stärkung der Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern auf 500 Mio. Euro steigern.

DATA Bericht: www.one.org/report
www.data.org
www.bmz.de


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