Die Wahrnehmung Afrikas drückt sich in Europa häufig in Klischees aus: Afrika, der von Katastrophen gebeutelte, in Armut versunkene Kontinent. Afrika, der Traum von Abenteurern, die in einem Safari-Park dem Großwild hinterher jagen. Das Afrika der Holzmasken, Buschmänner und der bunt gemusterten Tücher.
Wer aber einen Blick über den Tellerrand wirft und es wagt, Afrika ohne Busrundreisetour zu entdecken, der erkennt schnell, dass Afrika nicht in eine Schublade zu stecken ist. Ina Zeuch, eine Künstlerin aus Bonn, die schon viele Reisen und Ausstellungen nach Afrika geführt haben, zeichnet ein Bild weit ab von den Klischees. Sie berichtet von Afrikas Kunstszene und dem Einfluss dieses Kontinents auf ihre eigenen Arbeiten.
Ina Zeuch reise erstmals 1992 für drei Monate durch Afrika, um vor Ort die traditionelle afrikanische Kunst zu erleben, statt sie in fremder Umgebung in Museen in London oder Berlin zu betrachten. In den Museen Nigerias, Togos, Benins, Ghanas, der Elfenbeinküste und Burkina Fasos, die auf ihrem Territorium die wichtigsten traditionellen Kunstzentren beherbergen, finden sich unzählige Skulpturen und Masken, deren Einfluss auf die Kunst der klassischen Moderne in Europa deutlich sichtbar ist.
Der Tatsache, dass künstlerische Genies des frühen 20. Jahrhunderts wie Picasso ohne die Inspiration Afrikas und Ozeaniens die europäische Kunst nicht hätten erneuern können, bestätigt auch Ina Zeuch: "Kunst modernisiert sich immer von der Peripherie her, nie aus ihrem Zentrum."
Auffällig sei es, dass im Gegensatz zu Europa und anderen westlichen Staaten in Afrika nicht so streng zwischen Kunst und Kunsthandwerk unterschieden wird. Diese Tatsache scheint Mitursache dafür zu sein, dass die traditionelle afrikanische Kunst lange nicht als solche angesehen wurde, sondern lediglich als Handwerk.
Inspiration für ihre Arbeiten, die sich häufig den Themen "Portrait", "Afrika" und "Stadt" widmen, findet Ina Zeuch im pulsierenden Leben der afrikanischen Metropolen wie Kairo oder Dakar. Solche Brennpunkte, in denen das Leben die größten Brüche und Kontraste aufweist, Städte, in denen dörfliches Miteinander und wirtschaftliche Expansion zusammentreffen, sind die Ziele der Künstlerin. Herausforderungen zu suchen und sich geistig wie räumlich zu bewegen, gehört für Ina Zeuch zur Arbeit des Künstlers dazu. Deshalb ist das Reisen ein fester Bestandteil ihrer künstlerischen Arbeit.
Die afrikanische zeitgenössische Kunst selbst hat geringen Einfluss auf Ina Zeuchs Kunst, da sie oft folkloristisch erscheint und der traditioneller Kunst nacheifert. Jedoch habe die zeitgenössische Kunst in Afrika einen größeren sozialen und pädagogischen Anspruch als die Kunst westlicher Länder. Häufig erfülle sie in Afrika eine Funktion und wird hinweisend verwendet oder im Rahmen von Workshops gezeigt, um die Bevölkerung teilhaben zu lassen. Kunst in Afrika ist nie Selbstzweck.
Ina Zeuch hat erst spät damit begonnen, während ihren Reisen künstlerisch zu arbeiten. Zumeist reiste sie mit einem Fotoapperat und hielt Straßenszenen und Menschen auf diese Art fest. Erst 2004 kam es zu einer Ausstellung in Dakar / Senegal im Rahmen der Off-Biennale Dak'Art zum Thema "images rituelles".
2007 organisierte Ina Zeuch mit afrikanischen Künstlern aus Pikine, einem Vorort Dakars, eine Ausstellung zum Thema "Transit". Die im Centre Culturel Sedar Senghor gezeigte Ausstellung widmete sich dem Thema der Migration. An der Westküste Afrikas, von der aus sich junge Afrikaner in Holzbooten auf die gefährliche Reise über den Atlantik nach Europa machen, in der Hoffnung dort erwarte sie eine bessere Zukunft, ist dieses Thema aktueller denn je. Ina Zeuchs Beitrag zu dieser Ausstellung ist mit "Passports" überschrieben. Dabei verfremdete und ergänzte sie alte Pässe, in denen die Besucher dann unüblicherweise herumblättern konnten. Ina Zeuch wirft damit die Frage nach der IDENTITÄT auf, die durch Migration ins Wanken gerät.
Die nächste Ausstellung der Künstlerin trägt den Titel "We are all King-Kong" und vereint in sich die Auseinandersetzung mit Afrika und dem Portrait. King-Kong, das erste Ungeheuer, welches für den Film erfunden wurde, sei eine Figur, die Kolonialismus, Rassismus und Sexismus vereint, denn sie repräsentiere das damalige Bild Europas von Afrika.
Der Originalfilmtitel des ersten King-Kong-Films aus dem Jahre 1933 lautet "King Kong und die weiße Frau". In diesem Sinne zeigt sich Ina Zeuch in der Serie "King-Kong & Me" teilweise im Doppelportrait mit einem King-Kong. Sie emanzipiert die Idee des "King-Kong", indem sie ihn als normalen Bürger, als erfolgreichen Migranten zeigt, der glücklich mit einer "weißen Frau" zusammenlebt und nicht wie im Film an der Liebe scheitert. Das ist die Art und Weise mit der sich Klischees zerstören lassen!
Das Frauenmuseum in Bonn, in dem die Ausstellung "We are all King-Kong" ab dem 30. November 2008 zu sehen sein wird, nennt diese Idee einen "fröhlichen Antirassismus". Die Ausstellung wird am 30. November um 14 Uhr mit einer Vernissage eröffnet.
Auf der Website der Künstlerin, die auch als freie Journalistin für epo.de tätig ist, finden sich Abbildungen und Texte zu ihren Arbeiten.
Abbildungen:
- AUSSTELLUNGSFOTO Transit
- Kurzfilm "Dakar", 2006, (Öl auf Leinwand) in der Ausstellung "Rencontres" in der Galerie Yassine in Dakar, 2007
- KING KONG and ME (Titelbild)