gfbv Göttingen (epo.de).- Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Europäischen Union (EU) und der US-Regierung am Dienstag vorgeworfen, bei der Stabilisierung Somalias kläglich versagt zu haben. "Wenn sich die EU des Schutzes der Zivilbevölkerung in Somalia mit ähnlicher Entschlossenheit angenommen hätte wie des Kampfes gegen die Piraterie vor Somalias Küsten, wären seit Januar 2007 nicht fast 10.000 Zivilisten getötet worden", kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Stattdessen habe die EU auf eine korrupte somalische Übergangsregierung gesetzt, die Straflosigkeit und Warlords fördere und bis heute nur dank äthiopischer Militärintervention regieren könne.
"Die EU hat nicht entschieden genug auf einem schnellen Abzug der äthiopischen Truppen bestanden, die mit US-Hilfe Ende Dezember 2006 in Somalia einmarschiert sind und massive Menschenrechtsverletzungen verübt haben", sagte Delius. So sei in Somalia ein mörderischer Stellvertreterkrieg zwischen den verfeindeten Staaten Äthiopien und Eritrea ausgebrochen, der nun vom radikalen Flügel somalischer Islamisten entschieden werde. Diese würden von Eritrea unterstützt.

Die von Äthiopien gestützte somalische Übergangsregierung habe niemals den politischen Willen gehabt, eine repräsentative Regierung der nationalen Einheit zu bilden, um dauerhaften Frieden zu schaffen, so die Mitteilung weiter. Die nun vor Mogadischu stehenden muslimischen Extremisten hätten in der Bevölkerung an Sympathie gewonnen, weil sie Korruption, Rechtlosigkeit und Willkür bekämpften. Mit Sorge verfolgten allerdings gemäßigte Muslime die Einführung des traditionellen muslimischen Scharia-Strafrechts. Erste Auspeitschungen und Steinigungen im Einflussbereich der neuen Machthaber ließen für Bürgerrechte nichts Gutes erwarten.

Für die Zivilbevölkerung Somalias habe das Versagen der internationalen Gemeinschaft katastrophale Folgen. Allein seit Mitte September 2008 seien 330 Zivilisten gewaltsam zu Tode gekommen. Mindestens 1,1 Millionen Menschen seien innerhalb des Landes auf der Flucht. Weitere Hunderttausende seien in Nachbarstaaten geflohen. In Mogadischu könnten 30.000 Schüler aufgrund von Kämpfen nicht mehr am Unterricht teilnehmen. 43 Prozent der Bevölkerung Somalias seien auf internationale Nothilfe angewiesen. Doch aufgrund von immer mehr Entführungen und einer sich stetig verschlechternden Sicherheitslage würde die Arbeit der Helfer immer schwieriger. Seit Januar 2008 seien mindestens 29 Helfer getötet worden.

"Es grenzt an Zynismus, wenn sich die internationale Gemeinschaft trotz dieser katastrophalen Lage der Zivilbevölkerung vor allem für die Sicherheit der Handelsrouten vor den Küsten Somalias interessiert", sagte Delius. Es sei beschämend, dass offensichtlich auch somalische Regierungsmitarbeiter in die Piraterie verstrickt seien. Somalia gilt als der korrupteste Staat der Welt. Das Land nimmt unter 179 Staaten im Korruptionsindex 2007 von Transparency International Platz 179 ein, für 2008 hat die Organisation sogar noch eine weitere signifikante Verschlechterung ausgemacht.

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