Worst Lobbying Awards 2008. Grafik: wl

Brüssel (epo.de). - Agrosprit-Lobbyisten aus Malaysia und Brasilien und der Energiekonzern Abengoa Bioenergy sind die schlimmsten Lobbyisten des Jahres 2008 in der Europäischen Union. Bei einem Festakt in Brüssel wurde ihnen jetzt der "Worst EU Lobbying Award 2008" verliehen. Rund 8500 Menschen hatten die "Preise" in einer öffentlichen Internetabstimmung zugeteilt. Der Sonderpreis "für den schlimmsten Interessenkonflikt" ging an die finnische Europaabgeordnete Piia-Noora Kauppi, die den Veranstaltern zufolge für die Interessen ihres künftigen Arbeitgebers, einer Banken-Lobbygruppe, warb. Den Worst EU Lobbying Award 2008 gewannen mit mehr als 50 Prozent der Stimmen die gemeinsam nominierten Agrosprit-Lobbyisten, das Malaysian Palm Oil Council, UNICA (eine Initiative brasilianischer Zuckerbarone) und der Energiekonzern Abengoa Bioenergy. "Sie verwendeten irreführende Informationen und Greenwashing-Strategien, um Agrosprit (Treibstoffe aus Agrarprodukten) in den entscheidenden Debatten im Europäischen Parlament und Europäischen Rat als nachhaltige Alternative darzustellen", heißt es in der Begründung.

Der Worst Conflict of Interest Award 2008, der Sonderpreis für den schlimmsten Interessenkonflikt, ging mit 26 Prozent der Stimmen an die finnische Europaabgeordnete Piia-Noora Kauppi. "Sie trieb die Interessen ihres künftigen Arbeitgebers, einer Banken-Lobbygruppe, voran, während sie noch aktives Mitglied des Europäischen Parlaments war. Kauppi hat durchgehend auf eine geringe Regulierung des Bankensektors gedrängt. Ab Januar 2009 wird sie offiziell bei der Federation of Finnish Financial Services angestellt sein", so die Veranstalter der Preisverleihung.

ZU ENG VERBANDELT

Olivier Hoedeman von Corporate Europe Observatory kommentierte die Abstimmung über den schlimmsten Interessenkonflikt: "Die Wahl von Piia-Noora Kauppi gibt die berechtigte Sorge der Wähler wieder, dass Europaabgeordnete zu eng mit Wirtschaftslobbyisten verbandelt sind. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, bedarf es härterer Regeln - und 'Abkühlphasen' für Europaabgeordnete, die durch die Drehtür gehen und Industrielobbyisten werden."

Er fügte hinzu, dass das Fehlen von angemessener Transparenz und ethischen Regeln es den Europaabgeordneten zu einfach mache, bezahlte Jobs, Gefälligkeiten und andere Leistungen von Unternehmen anzunehmen, die ein direktes Interesse an der Gesetzgebung haben.

IRREFÜHRENDE PROPAGANDA

"Diese drei Agrosprit-Lobbygruppen haben viel Geld für irreführende Propaganda ausgegeben - mit dem Ziel, die Entscheidungen des Parlaments und des Rates über Zielquoten für die Verwendung von Agrosprit im Verkehr zu beeinflussen", sagte Christine Pohl von Friends of the Earth Europe. "Alle drei sind der politischen Grünfärberei schuldig; sie behaupten, Autos mit Agrarprodukten zu füttern sei nachhaltig, und ignorieren die Schäden für die Umwelt wie Entwaldung und für die Lebensgrundlagen der Bevölkerung vor Ort."

Die Plätze zwei und drei in der Kategorie Worst EU Lobbying hinter der Agrosprit-Lobby belegten: die International Air Transport Association (IATA) für ihre irreführende Lobbykampagne um Vorschriften zur Reduktion des CO2-Ausstoßes für den Luftfahrtsektor zu vermeiden; die PR-Agenturen Gplus und Aspect Consulting, die die Verbreitung von Kriegspropaganda im jüngsten Konflikt zwischen Russland und Georgien unterstützten.

Kauppi dicht auf den Fersen waren in der Kategorie Worst Conflict of Interest die britische Europaabgeordnete Caroline Jackson wegen ihrer Doppelrolle als Umweltpolitikerin und Umweltberaterin eines (privatwirtschaftlichen) Müllentsorgungskonzerns und der deutsche Europaabgeordnete Klaus-Heiner Lehne für seine Doppelrolle als Abgeordneter und Anwalt für EU-Wettbewerbsrecht und Regulierungsfragen.

MEHR TRANSPARENZ NÖTIG

"Wir wollen mit den Worst EU Lobbying Awards darauf aufmerksam machen, dass die EU strikte Regeln gegen Interessenkonflikte braucht und mehr Transparenz der Lobbyisten", erklärte Ulrich Müller von LobbyControl. "Das neue, freiwillige Lobbyistenregister der EU-Kommission reicht nicht aus." Bis jetzt habe sich nur eine der nominierten Organisationen, IATA, im Lobbyregister der Kommission eingetragen.

Die Worst EU Lobbying Awards 2008 werden organisiert von Corporate Europe Observatory, Friends of the Earth Europe, LobbyControl und Spinwatch. Sie wiesen darauf hin, in der vergangenen Woche habe der EU-Beamte Fritz-Harald Wenig vergeblich versucht, die Worst EU Lobbying Awards zum Schweigen zu bringen, indem er in Brüssel vor Gericht zog. "Er wollte erreichen, dass sein Name von der Liste der Nominierten gestrichen und nicht während der Preisverleihung erwähnt wird. Das Gericht urteilte am Freitag allerdings, dass die Meinungsfreiheit in diesem Fall wichtiger sei."

Die Abstimmungsergebnisse im Detail:

Worst Lobbying Award:

1. Die Agrosprit-Lobby (MPOC, Unica und Abengoa) - 52%
2. International Air Transport Association (IATA) - 14%
3. Gplus und Aspect Consulting - 13%
4. European Alliance for Access to Safe Medicines (EAASM) - 12% 
5. European Business and Parliament Scheme (EBPS) - 10%         

[Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen: 8643]

Worst Conflict of Interest Award:

1. Piia-Noora Kauppi MdEP - 26%
2. Dr. Caroline Jackson MdEP - 23%  
3. Klaus-Heiner Lehne MdEP - 22%
4. Die Ex-EU-Kommissionsbeamten Petite, Klotz and Kjølbye - 14%
5. Fritz-Harald Wenig - 14%                           

[Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen: 8394]

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