Gazastreifen. Karte: Wikpedia

Gaza Stadt/Berlin (epo.de). - Die israelische Armee hat am Donnerstag in Gaza-Stadt das Hauptquartier der Vereinten Nationen, ein Krankenhaus und den Sitz mehrerer internationaler Medienbüros beschossen. Unterdessen setzten UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Tel Aviv ihre Vermittlungsbemühungen fort. Medzinischen Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen und medico international stellt sich die Frage, ob sie ihre Nothilfe angesichts der Rücksichtslosigkeit der israelischen Streitkräfte und der Hamas gegenüber zivilen Einrichtungen überhaupt noch fortsetzen können.

Agenturberichten zufolge verstärkte die israelische Führung die Angriffe in der Stadt Gaza weiter. Bodentruppen rückten in das Stadtzentrum vor, während nach UN-Angaben etwa 40.000 Einwohner versuchten, aus den umkämpften Gebieten in UN-Einrichtungen und Gebäuden von Hilfsorganisationen Schutz zu finden. Das Al-Kuds-Krankenhaus in Gaza wurde zunächst mit Granaten und später mit Gewehrfeuer eingedeckt, ein Feuer brach aus.

PHOSPHORBOMBEN AUF DIE UN

UN-Generalsekretär Ban protestierte in Tel Aviv auf einer Pressekonferenz empört gegen den Beschuss des UN-Hauptquartiers, den Iraels Verteidigungsminister Ehud Barak ihm gegenüber als "schweren Fehler" bezeichnet habe. Nach Angaben des UN-Hilfswerks UNRWA gabe es zum Zeitpunkt des Beschusses im Umfeld des UN-Gebäudes keine militanten Aktivitäten.

Den Agenturberichten zufolge wurde das UN-Hauptquartier von drei Phosphorbomben getroffen. Es beherbert unter anderem auch ein Treibstofflager für die UN-Fahrzeuge. Rund 700 Menschen mussten evakuiert werden. Die UN-Hilfsorganisationen mussten ihre Tätigkeiten in Gaza einstellen. Die Gesundheitsbehörde in Gaza bezifferte die Zahl der Getöteten am Donnerstag auf insgesamt 1063. UNICEF zufolge ist jedes dritte Opfer in Gaza ein Kind. http://www.epo.de/index.php?option=com_content&task=view&id=4562&Itemid=68

Eine israelische Granate traf am Donnerstag ein Hochhaus, in dem mehrere Medien, darunter die britsche Nachrichtenagentur Reuters und der Fernsehsender Al-Arabija ihren Sitz haben. Dabei seien zwei Mitarbeiter von Abu Dhabi TV verletzt worden.

In einer Mitteilung schrieb die israelische Armee ungerührt, man habe ein Spezialteam für den Wiederaufbau im Gazastreifen gegründet. Das Team solle "humanitäre und Infrastruktur-Bemühungen unterstützen, die der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen dabei helfen, ihre Infrastruktur wieder aufzubauen".

HELFER SIND MACHTLOS

Wie der Partner der Frankfurter Hilfsorganisation medico international, Medical Relief, aus Gaza berichtete, stehen der Mitarbeiter vor der Frage, ob sie ihre bislang durchgeführten medizinischen und therapeutischen Hilfsmaßnahmen noch durchführen können. Wie die Bevölkerung lebe auch das Gesundheitspersonal unter ständiger Bedrohung. 13 Ärzte und Sanitäter seien bislang getötet worden, 15 Ambulanzen seien beschädigt worden, so dass die Hilfe für Verletzte sich noch schwieriger gestalte als bisher.

"Der Gazastreifen wird von der israelischen Armee und Administration schon seit Beginn der 90er Jahren - lange bevor die Hamas eine nennenswerte Rolle spielte - isoliert. Dadurch konnten die zivile Infrastruktur kaum entwickelt werden. Die 18-monatige Blockade durch Israel - bei stillschweigender Unterstützung vieler westlicher Regierungen - hat die gesamte zivile Infrastruktur implodieren lassen”, betonte Tsafrir Cohen, der örtliche medico-Repräsentant.

 Ärzte ohne Grenzen versucht seit rund einer Woche ein chirurgisches Team nach Gaza-Stadt zu bringen. Es soll das Referenzkrankenhaus Shifa unterstützen, das um Hilfe gebeten hat. Aus Sicherheitsgründen sitzt das fünfköpfige Team jedoch in Jerusalem fest. Die Hilfsorganisation rief die Konfliktparteien am Donnerstag auf, die Einreise medizinischer Helfer in den Gazastreifen umgehend möglich zu machen, um der dort eingeschlossenen Zivilbevölkerung zu helfen. "Die Menschen im Gazastreifen können nicht flüchten und sitzen fest", sagte Franck Joncret, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen. "Es ist extrem wichtig, dass sie die Hilfe von außen erreicht."
 
Gegenwärtig arbeiten drei internationale und rund 70 palästinensische Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen im Gazastreifen. Sie versorgen Kranke und Verwundete und stellen Materialien für medizinische Einrichtungen bereit. Angesichts der Sicherheitslage können sie aber bei weitem nicht alles tun, was nötig wäre.

Humanitäre Helfer haben derzeit laut Ärzte ohne Grenzen von den israelischen Behörden nur für den Checkpoint Erez im Norden des Gazastreifens die Genehmigung, ihn zu passieren. Dieser lasse sich aber nicht sicher überqueren, da die tägliche dreistündige Waffenruhe, die Israel angekündigt hat, nicht eingehalten wird und die Waffenpause außerdem nur Gaza-Stadt betrifft.