Berlin (epo.de). - Wenn am 11. Juni 2010 in Südafrika der Anstoß zur ersten Fußball-Weltmeisterschaft auf dem afrikanischen Kontinent erfolgt, wird der Gewinner bereits feststehen: Der Weltverband FIFA, der die Kommerzialisierung des Sports auf dem Nachbarkontinent vorantreibt. Doch was bleibt den Südafrikanern, wenn Profis, Funktionäre und Medien wieder abgezogen sind und den Blick auf die WM 2014 in Brasilien richten? Gastgeber Südafrika und deutsche Entwicklungspolitiker hoffen auf einen Entwicklungsschub durch das Mammut-Ereignis. In Berlin diskutierten sie jetzt “Chancen und Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung” im Kontext der WM 2010.
“Südafrika hat die Chance, für ein neues Afrikabild zu sorgen”, glaubt Staatssekretär Erich Stather vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Das BMZ unterstützt das Gastgeberland über seine Durchführungsorganisationen InWEnt (Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbh) und GTZ (Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) bei der Organisation der WM und begleitenden Programmen, die die Südafrikaner in die Lage versetzen sollen, die immensen Herausforderungen zu bewältigen.
Im “Host City” Programm tauschen Experten, die die WM 2006 in den zwölf Austragungsorten in Deutschland organisieren halfen, ihre Erfahrungen mit den südafrikanischen Kommunen aus. In bislang mehr als 90 Beratungseinsätzen haben fast 60 Expertinnen und Experten aus 13 deutschen Städten ihr Wissen zu Themen wie öffentlicher Verkehr, Tourismus, Sicherheit, Abfallmanagement und “Public Viewing” weiter gegeben.
Die deutschen EZ-Organisationen und die in Berlin beheimatete NGO “Streetfootballworld” (Motto: “Entwicklung durch Fußball”) helfen mit Konzepten und Projekten zur Gewaltprävention und HIV/Aids-Prävention.
Es wurden Überlegungen angestellt, wie die WM umwelt- und klimafreundlich gestaltet werden kann und wie durch Hilfe bei der Armutsbekämpfung auch einfache Menschen von der WM profitieren könnten.
Neben den Experten aus dem Host City Programm sind zwei Fachkräfte und vier Stipendiaten des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) eingebunden. Bei Bedarf können die südafrikanischen Partner auch “integrierte Fachkräfte” beim deutschen Centrum für Internationale Migration und Entwicklung (CIM) anfordern. Hierbei muss aber eine südafrikanische Institution oder Firma die Grundfinanzierung übernehmen.
Vor allem der südafrikanische Tourismus dürfte durch die WM 2010 eine Schub erfahren, lautete der Tenor der Diskussion “Scoring for Development - Chancen und Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung” am Mittwoch abend in der südafrikanischen Botschaft in Berlin. Gerhard Kolbe, einer der WM-Organisatoren der Stadt Dortmund, attestiert bereits jetzt “exzellente Übernachtungsmöglichkeiten” und sieht die Südafrikaner auch “im Bereich Nachhaltikgkeit in der Spur”. 2010 werde Südafrika auch “das sicherste Land der Welt sein”, glaubt Kolbe. Und wenn TV-Netzwerke wie “Globo” Porträts der WM-Städte senden, sei das mit Geld gar nicht zu bezahlen”.
BEDEUTUNG FÜR DEN GANZEN KONTINENT
Die WM müsse eine “Ausstrahlung auf den ganzen Kontinent” haben, erklärte der UN-Sonderberater für Sport, Willi Lemke, der 18 Jahre lang Manager beim Bundesligaclub Werder Bremen war. Der Sport habe “vielfältige Möglichkeiten die Menschen sich entwickeln zu lassen”. Am ungewohnten und unchauvinistischen Ausbruch des deutschen Nationalgefühls bei der WM 2006 lasse sich ermessen, was ein solches Ereignis für den inneren Zusammenhalt eines Landes bewirken kann. Und die Aufmerksamkeit nach außen, die ein WM-Austragungsland erfährt, werde sich auch für den Kontinent positiv auswirken.
“Das Nation Building Feeling ist da”, bestätigte der südafrikanische Botschaftsrat Ralph Arend. Er wies darauf hin, die in ländlichen Regionen gelegenen Stadien würden nach der WM auch für Kricket und Rugby genutzt, und Stade de France, der Betreiber des Stadions in Kapstadt, werde zehn oder 15 Jahre lang für “Nachhaltigkeit” sorgen. 120.000 Karten würden frei verteilt, weitere Kartenkontingente seien auf 70 Rand verbilligt - rund 6 Euro. Allerdings werden nur Südafrikaner verbilligte Karten erwerben können. Eine entsprechende Anbindung der Nachbarländer habe die FIFA verhindert, berichtete ein GTZ-Experte.
Anita Reddy von der InWEnt-Servicestelle Kommunen in der Einen Welt betonte, der “Know-how Transfer findet auch in die Breite statt”. Die FIFA habe vor allem die VIP’s im Auge, die Städte müssten jedoch alle im Blick haben. Deshalb gelte es, die wirtschaftliche uns soziale Entwicklung dezentral zu fördern.
Prof. Theo Rauch, Wirtschaftsgeograph an der FU Berlin, verwies darauf, beim Ausbau der Infrastruktur seinen “die Weichen in sinnvolle Richtungen gestellt” worden - etwa beim Nahverkehr, indem in allen Städten Busspuren gebaut werden. Es gebe viele Initiativen zur Verschönerung der Innenstädte und - als Paradigmenwechsel - eine Ausbau des öffentlichen Raums “auch für Leute, die nicht so große Konsumkraft haben”.
Für den FIFA-Konföderationenpokal, dessen Austragung am 14. Juni dieses Jahres in Südafrika beginnt, sind nach Angaben von Botschaftsrat Ahrend noch 200.000 Karten zu haben. 600.000 Tickets für die Generalprobe sind bislang verkauft. Willi Lemke dämpfte indes allzu hohe sportliche Hoffnungen der Gastgeber für die WM 2010. In seinen Gesprächen mit Sportministern und -funktionären herrsche die Erwartung vor, “dass sie mindestens Weltmeister werden”.
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