Berlin (epo.de). - 17 Organisationen der deutschen Zivilgesellschaft haben der Staatssekretärin im Bundesministerium der Finanzen, Nicolette Kressl, einen Aufruf zur konsequenten Austrocknung von Steueroasen überreicht. “Steuerparadiese” leisteten der Steuer- und Kapitalflucht aus Industrie- und Entwicklungsländern Vorschub, erklärten die NGOs. Die bislang erreichten Zugeständnisse von Steueroasen wie Liechtenstein und der Schweiz seien begrüßenswert, aber längst noch nicht ausreichend.
In dem Aufruf, der unter anderem von der Gewerkschaft ver.di, Transparency International und entwicklungspolitischen Organisationen unterzeichnet ist, heiß es, die Finanzkrise habe “in dramatischer Zuspitzung deutlich gemacht, in welchem Ausmaß Gesellschaften weltweit ökonomisch und sozial von der Intransparenz und Regellosigkeit der globalen Finanzmärkte bedroht sind". Steueroasen unterstützten Finanzmarktakteure nicht nur bei der Minimierung ihrer Kosten, sondern auch bei der Verschleierung von Risiken und der Umgehung nationaler Aufsichtsregeln. Sie trügen deshalb eine Mitschuld an der derzeitigen Krise.
“Sie helfen überdies bei der Steuer- und Kapitalflucht aus Industrie- und Entwicklungsländern mit katastrophalen Folgen für öffentliche Haushalte und Armutsbekämpfung und leisten zudem Beihilfe zur Korruption”, so der Aufruf. Liechtenstein, die Schweiz und mehrere andere Steueroasen wollten künftig lediglich auf gezieltes Ersuchen von Steuerfahndern Auskunft über Steuerflüchtlinge erteilen. Dazu muss jedoch bereits ein konkreter Verdacht vorliegen.
"Das sind Beruhigungspillen, mit denen sich die Bundesregierung nicht zufrieden geben darf", erklärte Bernd Bornhorst, Leiter der Abteilung Entwicklungspolitik von Misereor bei der Übergabe. "Auf diese Weise erfahren die Aufsichts- und Steuerbehörden nur in Ausnahmefällen, wohin unversteuertes Geld abfließt und wo sich Risiken konzentrieren. Ärmere Länder mit noch viel geringeren Kapazitäten für die Steuerfahndung haben von solch einer Regel so gut wie gar nichts."
Als zentrale Maßnahme aus einem Bündel von acht Punkten fordern die Organisationen der Zivilgesellschaft deshalb einen automatischen Informationsaustausch zwischen nationalen Steuerbehörden, so wie er bereits im Rahmen der EU-Zinsrichtlinie erfolgreich praktiziert werde. Weitere Maßnahmen seein die Unterstützung der Entwicklungsländer im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Korruption, die internationale Kooperation möglichst auf Ebene der Vereinten Nationen, nach einzelnen Ländern aufgeschlüsselte Rechnungslegungsstandards für Unternehmen sowie Auflagen für Banken und sonstige Unternehmen, sich im Gegenzug für öffentliche Unterstützung aus Steueroasen zurückzuziehen oder zumindest ihre Geschäftsbeziehungen mit diesen vollkommen offenzulegen.
Den Aufruf unterzeichneten folgende zivilgesellschaftliche Organisationen und Personen:
Attac-Deutschland - Bündnis erlassjahr.de - Brot für die Welt - Deutsche Welthungerhilfe - Deutscher Caritasverband / Caritas international - Deutscher Naturschutzring - Evangelischer Entwicklungsdienst - Germanwatch - Global Policy Forum Europe - Institut Südwind - Misereor - Netzwerk Steuergerechtigkeit - Oxfam Deutschland - Transparency International Deutschland - urgewald - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di - weed Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung - Wolfgang Rode, Vorstandsmitglied der IG Metall - Horst Schmitthenner, IG Metall Verbindungsbüro soziale Bewegungen - Hans-Jürgen Urban, Vorstandsmitglied der IG Metall