G20Berlin (epo.de). - “Zu wenig, zu oberflächlich und falsch” - das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat das “Krisenmissmanagement” der 20 wirtschaftsstärksten Industrie- und Schwellenländer (G20) am Montag heftig kritisiert. Drei Tage vor dem G20 “Weltfinanzgipfel” am 2. April in London sagte Alexis Passadakis vom Attac-Koordinierungskreis, die bislang geplanten Maßnahmen zeigten, dass “die eigentlichen Krisenursachen nicht angegangen” würden. “Für diese Vogelstrauß-Politik sind insbesondere auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück verantwortlich."

Ein am Sonntag öffentlich gewordener Entwurf der Abschlusserklärung des Londoner Gipfels umfasst 24 Maßnahmen zur Regulierung des Weltfinanzsystems. Attac begrüßte, dass das Problem der Steueroasen und Hedgefonds im Entwurf der Abschlusserklärung auf internationaler Ebene angegangen werden soll, hält aber die bisherige Stoßrichtung für völlig unzureichend. “Da geht es um ein wenig mehr Transparenz und Aufsicht. Das aber verkennt völlig die Dynamik und die Blasenbildung an den Finanzmärkten. Ziel muss es sein, die Finanzmärkte zu drastisch zu schrumpfen. Dazu gehört unter anderem ein Ende von Steueroasen, Hedgefonds und Derivaten”, sagte Passadakis.

“WEITER SO” DIE FALSCHE MEDIZIN

In dem Entwurf des gemeinsamen Kommuniqués bekennen sich die Staats- und Regierungschefs der G20 unter anderem zum Prinzip des Freihandels und streben einen Abschluss der Doha-Runde der Welthandelsorganisation (WTO) an. "Eine der wesentlichen Ursachen der globalen Ungleichgewichte und damit der Krisenanfälligkeit der Weltwirtschaft ist die Liberalisierungspolitik vieler G20-Regierungen der vergangenen Jahre. Ein Weiter-so in Richtung Freihandel ist die falsche Medizin", betonte Alexis Passadakis. Stattdessen müssten “Schritte zu einer regionalisierten Weltwirtschaft basierend auf Wechselseitigkeit” eingeleitet werden. Um mehr Stabilität zu erreichen, seien die globalen Ungleichgewichte zwischen Überschuss- und Defizitländern dauerhaft abzubauen, etwa mit Hilfe einer internationalen Ausgleichsbank.

Viele Punkte der geplanten Abschlusserklärung seien lediglich “oberflächliche Absichtsbekundungen ohne konkrete Handlungsschritte”, kritisierte Attac. "Die derzeitige Entwicklung der Weltwirtschaft ist derart dramatisch, dass die Regulierung der Weltwirtschaft auf ein völlig neues Fundament gestellt werden müsste", forderte Passadakis. Es reiche nicht, vor wettbewerbsbedingten  Währungsabwertungen zu warnen. Notwendig seien “Schritte zu festen Wechselkursen in Verbindung mit einer neuen Weltreservewährung jenseits der Dollar-Hegemonie”.

"Wir sind zuversichtlich, dass unsere Forderungen an den G20-Gipfel nicht ungehört verhallen", erklärte Jutta Sundermann, ebenfalls Mitglied des Attac-Koordinierungskreises. "Der Druck aus der Bevölkerung wächst. Die Proteste am 28. März haben gezeigt, dass sich Menschen nun zur Wehr setzen.” Attac erwarte eine zunehmende Beteiligung auch an kommenden Protest-Aktionen wie der großen Gewerkschaftsdemonstration am 16. Mai in Berlin und dem bundesweiten Bildungsstreik rund um den 17. Juni.

KEINE KONJUNKTURPAKETE

Die britische Regierung wies unterdessen Medienberichte zurück, denen zufolge sie die G20 dazu drängen wolle, Konjunkturpakete über zwei Billionen US-Dollar zu verabschieden. Dies sei in einem veralteten Entwurf des Gipfel-Kommuniques enthalten, der die vom IWF berechnete Summe der bisher verabschiedeten Konjunkturprogramme der G20 addiere. Es gehe dabei nicht um Neuzusagen, wie etwa das Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” berichtet hatte.

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