OstkongoGoma/Berlin (epo.de). - Im Osten der Demokratischen Republik Kongo sind in den vergangenen sieben Wochen mehr als 100.000 Zivilisten vor mutmaßlichen Racheakten der Forces Democratiques de Liberation du Rwanda (FDLR) geflohen. Eine Serie von Angriffen der FDLR-Rebellen auf mehrere Dörfer rund 170 Kilometer nördlich von Goma habe "eine Spur der Verwüstung hinterlassen", berichtete das UN-Flüchlingshilfswerk UNHCR am Mittwoch. Das Ökumenische Netz Zentralafrika forderte die Bundesregierung dazu auf, die UN-Friedensmission MONUC zu stärken und Druck auf die kongolesische Regierung auszuüben, damit Zivilisten geschützt werden.

Seit dem Ende der gemeinsamen Militär-Aktion von Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo (Mission "Umoja Wetu") in der Provinz Nord-Kivu seien rund 100 Menschen getötet, ungezählte Frauen und Mädchen vergewaltigt und bis zu tausend Häuser zerstört worden, berichete das Ökumenische Netz Zentralafrika, dem Misereor, Brot für die Welt, Pax Christi, VEM und Diakonie angehören. Die UN Blauhelm-Mission MONUC komme ihrem Schutzauftrag nicht ausreichend nach, humanitäre Organisationen hätten kaum Zugang zu den Opfern und Vertriebenen.

Nach einem Bericht des UNHCR überfielen FDLR-Rebellen unter anderem das Dorf Luofu, töteten zwei Erwachsene und fünf Kinder und brannten 255 Häuser nieder. "Voller Panik verbrachten die Bewohner die Nacht im Busch, während andere in die nächste Stadt Kirumba flohen. Auch Kirumba ist mittlerweile von der FDLR eingeschlossen. Sie droht die Stadt einzunehmen."

Viele Vertriebene versteckten sich in den Wäldern und harrten dort ohne Hilfe aus, so das UNHCR. Hilfsorganisationen könnten die notwendigen Hilfsgüter aufgrund der unübersichtlichen Lage nicht verteilen. Die FDLR habe außerdem damit begonnen, Lastwagen auf der Haupstraße zu überfallen, die Lubero im Süden mit Goma, im Norden mit Beni und mit der ugandischen Grenze verbindet.

Die vertriebenen Zivilisten, die mit UNHCR-Mitarbeitern sprachen, waren in großer Sorge über die Situation: "Wir wissen nicht, was wir machen sollen. Wir fliehen jeden Tag, wir schlafen im Wald, wir haben Angst vor Angriffen," sagte ein Ladenbesitzer.

Die FDLR baute die Vergeltungsakte gegen Zivilisten in Nord Kivu aus, nachdem die Regierungsarmeen der Demokratischen Republik Kongo (DRC) und Ruanda vor etwa sieben Wochen ihre militärische Offensive beendet und sich aus der Region zurückgezogen hatten. Der FDLR gehören vornehmlich ruandische Hutus an, die 1994 nach dem Völkermord in Ruanda in in den Kongo kamen.

Mit der letzten Gewalteskalation liegt die Zahl der Binnenvertriebenen laut UNHCR im Osten des Kongos bei über 1,4 Millionen Menschen. Eine Millionen Menschen in Nord Kivu mussten vor anhaltenden Kämpfen, Gesetzlosigkeit, Plünderungen, Zerstörungen von Häusern und Flüchtlingslagern, Tot und Vergewaltigung fliehen.

Viele Menschen sind schon mehrfach vertrieben worden. Viele Familien wurden getrennt. Die Gesetzlosigkeit und die Unsicherheit in der Region, sowie das unglaubliche Ausmaß der Not machen Hilfsaktionen schwierig, sogar nahezu unmöglich.

DRUCK AUF REGIERUNG ERHÖHEN

Das Auswärtige Amt solle seinen Einfluss auf die kongolesische Regierung geltend machen, die mit ihrer Armee FARDC und der MONUC den Schutz der Bevölkerung vor der FDLR gewährleisten müsse, forderte das Ökumenische Netz Zentralafrika am Mittwoch in Berlin. "Die Demobilisierungsangebote für die FDLR müssen noch attraktiver gestaltet und umfangreicher werden."

Eine Stärkung der MONUC sei der Schlüssel zur Konfliktlösung im Kivu, erklärte Ilona Auer-Frege, die Koordinatorin des Ökumenischen Netzes. Die im Rahmen der Vereinten Nationen im Dezember beschlossene Aufstockung der MONUC um weitere 3.000 Blauhelmsoldaten müsse endlich in die Tat umgesetzt werden.

Parallel dazu verlangt das Netz eine Aufstockung des zivilen deutschen Personals im Bereich Sicherheitssektorreform im Rahmen der MONUC. Die deutsche Unterstützung der MONUC beim Wiederaufbau des Flughafens von Goma sei als Beitrag zur Friedenssicherung in der Kivu-Region nicht ausreichend. Es fehle vor allem an Experten bei der Bekämpfung von Korruption und Missmanagement in den Sicherheitsorganen, mit denen Deutschland einen wichtigen Beitrag leisten könnte.

FDLR-CHEF SITZT IN MANNHEIM

"Ein weiteres wichtiges Element zur Friedenssicherung in der Kivuregion wäre auch die Einleitung rascher juristischer Schritte gegen den Präsidenten der FDLR, Ignace Murwanashyaka", erklärte Auer-Frege. Der FDLR-Chef dirigiere "offen von Mannheim aus die politischen und strategischen Angelegenheiten der FDLR". Auch sein Stellvertreter Straton Musoni müsse strafrechtlich belangt werden.

FDLR DEMENTIERT BETEILIGUNG

Die FDLR-Führung bestritt eine Beteiligung an den Massakern und Vertreibungen in Nord-Kivu. In einer in Paris erschienenen Mitteilung des Exekutivsekretärs Callixte Mbarushimana heißt es, die FDLR seien "in die barbarischen Akte, deren Opfer die Bevölkerung von Luofo und Kasiki in Nord-Kivu geworden sind, nicht involviert. Die FDLR verurteile "einmal mehr alle andauernden Verbrechen im Osten der Demokratischen Republik Kongo":

"The Democratic Liberation Forces of Rwanda (FDLR) strongly condemn the killings, destruction of homes by fire and other barbaric acts that have just hit the civilian population living in the Congolese town of Luofu in the territory of Lubero in the province of North Kivu and call upon the United Nations in collaboration with the African Union to establish without delay an independent and international board of inquiry to identify the perpetrators of those crimes and bring them to justice."

www.fdlr.org
www.unhcr.de
www.oenz.de



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