Brüssel/Berlin (epo.de). - Laut einer weltweiten Umfrage für das "Korruptionsbarometer 2009" von
Transparency International (TI) glaubt die Mehrheit (54 Prozent) der Befragten, dass Unternehmen Politiker, Gesetzgeber und Beamte bestechen, um ihre Ziele zu erreichen. Die Hälfte von mehr als 73.000 Befragten in 69 Ländern würde sogar einen Preisaufschlag in Kauf nehmen, um von "korruptionsfreien" Firmen kaufen zu können. Die Öffentlichkeit sei dazu bereit, "saubere Geschäfte aktiv zu unterstützen", erklärte die TI-Vorsitzende Huguette Labelle. Der Bericht wurde am Mittwoch in Brüssel und Berlin vorgestellt.
Die Finanzkrise und die ihr zugrunde liegenden Mängel bei der staatlichen Regulierung und der Unternehmensverantwortung hätten bei der diesjährigen Befragung eine große Rolle gespielt, sagte Labelle. Die Einschätzung, Unternehmen seien korrupt, hatte bei der letzten Befragung vor fünf Jahren noch bei 46 Prozent gelegen, acht Prozentpunkte weniger als 2009. Laut Korruptionsbarometer werden arme Menschen unverhältnismäßig stark durch Korruption belastet. Versuche der Regierungen, gegen Bestechung und Bestechlichkeit vorzugehen, werden als wenig effektiv angesehen.
Konsumenten sind der Umfrage zufolge gerade dort, wo eine hohe Korruption wahrgenommen wird, gerne bereit mehr für "korruptionsfreie" Waren oder Dienstleistungen zu bezahlen. In Hongkong, Kambodscha, Liberia und Sierra Leone gaben vier von fünf Befragten an, sie würden einen Preisaufschlag in Kauf nehmen.
In 20% der 69 Länder, in denen Umfragen stattfanden, halten die Befragten die Privatunternehmen für die korruptesten Institutionen. Dazu zählen laut Transparency auch Finanzzentren wie Hongkong, Luxemburg und die Schweiz.
ARME DOPPELT BESTRAFT
Laut dem "Global Corruption Barometer 2009" nimmt die Forderung nach "kleinen Bestechungsgeldern" in Ländern wie Bolivien, Ghana, Kambodscha, Kenia, Indonesien, Russland und Venezuela zu. Die ärmsten Familien seien dem am meisten ausgesetzt und würden "doppelt bestraft", weil sie aufgrund sinkender Einkommen und steigender Arbeitslosigkeit auch am meisten unter der globalen Wirtschaftskrise zu leiden hätten.
Regional gesehen sind der Umfrage zufolge der Nahe Osten und Nordafrika am meisten betroffen. Vier von zehn Befragten hatten dort im letzten Jahr Bestechungsgelder zu zahlen - die meisten an Polizeibedienstete. Global gesehen wurden 25% der Befragten, die Kontakt mit der Polizei hatten, illegal zur Kasse gebeten.
Auch die politischen Parteien kommen bei der Umfrage schlecht weg: 68% der Befragten halten sie für korrupt, 29% sehen sie sogar als die korruptesten Institutionen in ihrem Land. Den Öffentlichen Dienst und das Parlament halten 63 bzw. 60% für korrupt, gefolgt von den Medien (40%). Nur 6% sehen Medien als die korruptesten Institutionen an.
Der Frust der Bevölkerung über korrupte Firmen und mangelnde Effektivität der Regierungen bei der Korruptionsbekämpfung könnte Folgen haben, warnt die Transparency-Vorsitzende Labelle: "Governments must listen closely to what ordinary people are reporting or face the consequences of an increasingly alienated and distrustful citizenry."
2009 Global Corruption Barometer (PDF)
www.transparency.org