Berlin (epo.de). - Die Umweltorganisationen Germanwatch und WWF machen gemeinsam mit Stromnetz-Konzernen Druck auf europäische Parlamentarier, einen Teil der zur Wiederankurbelung der Wirtschaft vorgesehenen Milliardensummen in den Ausbau von Produktions- und Hochspannungsnetz-Kapazitäten zur vollständigen Integration erneuerbarer Energie zu lenken. Beide Seiten unterzeichneten am Freitag in Berlin im Rahmen der
"Renewables-Grid-Initiative" (RGI) ein entsprechendes "Memorandum of Unterstanding".
Damit arbeiten die Umweltorganisationen WWF und Germanwatch erstmals mit Vattenfall Europe Transmission und dem niederländischen Übertragungsnetzbetreiber TenneT zusammen. Ziel ist "eine massive Steigerung der Integration erneuerbarer Energien ins europäischen Stromnetz", so Germanwatch. Dies sei notwendig, um die Klimaschutzziele der Europäischen Union (20 Prozent erneuerbare Energie bis 2020) zu erreichen und die angestrebte Verringerung der CO2-Emissionen um mindestens 80 Prozent bis 2050 zu verwirklichen.
Um die EU-Klimaziele zu erreichen, müssen bis zum Jahr 2020 rund 35 Prozent des europäischen Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Das erfordere eine grundlegende Erneuerung und Erweiterung der Netzinfrastruktur mit strategischen Stromtransportleitungen, die regenerativen Strom aus entlegenen Produktionsstandorten zu den Verbrauchszentren transportieren. Konkret streben Umweltverbände und Konzerne die schnelle Verwirklichung von Stromtransportleitungen von Windparks in der Nord- und Ostsee und von geplanten thermischen Solarkraftwerken in Nordafrika zu Energiekonsumenten im Süden und Südwesten Deutschlands an.
Die Renewables-Grid-Initiative fordert von den nationalen Parlamenten "ein neues Mandat für die Regulierungsbehörden, das eine Weiterentwicklung der europäischen Netzinfrastruktur für effiziente und saubere Energieversorgung ermöglicht". Die Entwicklung intelligenter Stromnetze sei eine wesentliche Voraussetzung für die vollständige Integration erneuerbarer Energien sowohl aus dezentraler Produktion als auch aus großen Wind- und Solarkraftwerken, heißt es in einer Erklärung der Initiative.
NEW GREEN DEAL
WWF, Germanwatch, Vattenfall und TenneT lassen in ihrem Memorandum durchblicken, dass sie die derzeitige öknomische Krise - und die daraus resultierenden Milliarden-Subventionen aus Steuergeldern zur Ankurbelung der Konjunktur - für den geeigneten Zeitpunkt halten, massiv in zukunftsträchtige, sauberere Technologien zu investieren. Weltweit hätten die Regierungen "finanzpolitische Anreize von mindestens zwei Billionen Euro", fast fünf Prozent des globalen Bruttosozialproduktes, zur Stimulanz der Wirtschaft in Aussicht gestellt. Wenn diese Maßnahmen zur Linderung der Wirtschaftskrise "richtig zugeschnitten werden", so das Memorandum, könnten damit die Herausforderungen der Energie- und Klimasicherheit bewältigt und langfristig positive wirtschaftliche Effekte erzielt werden.
"Insbesondere in Zeiten einer schwachen Konjunktur erhöht sich der Druck, die aus ökonomischen, ökologischen sowie geostrategischen Gründen unerwünschte Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu überwinden", so die RGI-Gründerorganisationen. "Günstige Bedingungen für nachhaltige Investitionen in den Ausbau der Produktions- und Übertragungskapazitäten für erneuerbare Energien können einen entscheidenden Beitrag dazu leisten.
STEUERZAHLER SOLLEN RISIKEN MITTRAGEN
Neben der Harmonisierung der europäischen Regulierungen im Stromsektor, steuerlichen Anreizen zur Unterstützung der Finanzierung von Offshore-Windparks und der Förderung von Forschung und Entwicklung fordern die ersten vier RGI-Partner WWF, Germanwatch, Vattenfall Europe Transmission und TenneT aber auch eine "Neuordung der Asymetrie von Risiko und Belohnung". Die Gesetzgebung auf nationaler und europäischer Ebene dürfe nicht mehr nur die Konsumenten schützen, sondern müsse auch das Verlustrisiko der Investoren berücksichtigen.
Die Renewables-Grid-Initiative basiert auf wissenschaftlichen Arbeiten von Antonella Battaglini, die als leitende Wissenschaftlerin am
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und im
European Climate Forum als Projektleiterin des "SuperSmart Grid"-Projekts tätig ist. Die RGI ist eine Initiative des Berliner "Think-do-Tanks" THEMA1 und wird von der European Climate Foundation unterstützt.
www.renewables-grid.eu