Kuala Lumpur (epo.de). - Die globale Wirtschaftskrise trifft vor allem die ärmsten Entwicklungsländer hart. Aber auch in Ländern mit mittelerem Einkommen hat eine Debatte darüber begonnen, wie "externe Schocks" künftig besser vermieden oder abgemildert werden können. In Malaysia wird seit längerem über ein Entwicklungsmodell diskutiert, das statt der Exportorientierung die Stärkung der Kaufkraft im eigenen Land in den Mittelpunkt stellen soll. Der nächste Fünfjahresplan (2011 bis 2015) soll bereits auf einem neuen Wirtschaftsmodell basieren.
Malaysias neues Wirtschaftsmodell werde "nicht revolutionär" sein, prophezeit Quah Boon Huat, Industrieexperte am
Malaysian Institute of Economic Research (MIER) in Kuala Lumpur. Die "Zauberwörter" seien "Kreativität, Innovation, Produktivität, Wissensökonomie" und ebenfalls nichts Neues. Denn bereits der 8. "Malaysia Plan" (2001-2005) habe den Aufbau einer Wissensgesellschaft und die Strategie der Stärkung der Produktivität zum Ziel gehabt.
Malaysia sieht sich in angesichts geringerer Wachstumsraten "gefangen in einer mittleren-Einkommens-Falle", so Nor Mohamed Yakcop, einer der wichtigsten Berater des Ministerpräsidenten Najib Tun Razak. Das Land vergleicht sich mit Südkorea, das 1950 ein nur halb so großes Bruttosozialprodukt pro Kopf wie Malaysia hatte. 1973 betrug das BSP pro Kopf von Malaysia 3.167 US-Dollar, das von Südkorea 2.840. Doch 1996 hatte Südkorea (12.874 $) Malaysia bereits weit hinter sich gelassen (7.764 $) und war dem Club der reichsten Industrienationen (OECD) beigetreten.
Quah Boon Huat empfiehlt, die Wettbewerbsvorteile Malaysias in den Vordergrund zu stellen und auf Indudstriezweige zu setzen, bei denen man eine technologische Führerschaft erreichen könne. Das südostasiatische Land müsse deshalb auf den Dienstleistungssektor als nächsten Wachstumsmotor setzen und die Ressourcen weiter verarbeiten, auf die das Land verfügt. Wachstumsbranchen wären demnach die petrochemische und pharmazeutische Industrie und die verarbeitenden Industrien in den Bereichen Holz, Gummi, Palmöl und Nahrungsmittel.
PLÄDOYER FÜR WERTEWANDEL
Für den "großen Sprung" zu einem Industriestaat mit hohem Einkommen benötigt Malaysia nach den Worten des Forschers aber auch einen "Wandel der Denkart und des Wertesystems". Er zitiert den früheren Premierminister Tun Abdullah Badawi, der einmal erklärt hatte, Malaysia habe "eine Erste-Welt-Infrastruktur" aber eine "Dritte-Welt-Mentalität". Auf der ökonomischen Leiter könne man deshalb nur noch oben klettern, wenn man diese Einstellung ändere.
Quah Boon Huat verweist auf das Beispiel Japans. Die heute als überaus fleißig geltenden Fabrikarbeiter Japans seien in einer Studie im Jahr 1901 noch als faul und ungebildet bezeichnet worden. Auch ein neues Entwicklungsmodell werde Malaysia nur voranbringen, wenn ein Wertewandel mit ihm einhergehe, warnt der Ökonom. Es gelte deshalb, die "Dritte-Welt-Mentalität" über Bord zu werfen.