binnenvertriebene_sudan_icrc_150Genf (epo.de). – Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat zu mehr Unterstützung für Binnenvertriebene aufgerufen. In einem am Donnerstag in Genf veröffentlichten Sonderbericht weist das IKRK darauf hin, die Mehrheit der durch einen bewaffneten Konflikt innerhalb ihres eigenen Landes vertrieben Menschen suchten nicht in Lagern Zuflucht, sondern fänden Aufnahme in Gemeinschaften oder Familien. Das Rote Kreuz schätzt die Zahl der Binnenvertriebenen auf rund 26 Millionen.

Der Präsident des IKRK, Jakob Kellenberger, bezeichnete die Vertreibung von Menschen als eine der weltweit schwerwiegendsten humanitären Folgen bewaffneter Konflikte und anderer Gewalt. Viele der Binnenvertriebenen seien extremen Situationen ausgesetzt. Hierzu gehörten unmittelbare Angriffe, Misshandlungen und sexuelle Übergriffe sowie der Verlust des Eigentums und der Existenzgrundlagen. Darüber hinaus hätten viele ihre Häuser als Folge von Verletzungen des humanitären Völkerrechts verlassen, die von Konfliktparteien begangen worden seien.

"Meist denkt man zunächst an Zelte und Lager, wenn man von Binnenvertriebenen spricht. Der Bericht zeigt allerdings, dass riesige Lager wie dasjenige in Gereida in der sudanesischen Region Darfur, in dem etwa 148.000 Menschen leben, nur ein Teil des Problems sind", erklärte Kellenberger.

Die Mehrheit der Vertriebenen, die in Gemeinschaften Zuflucht gefunden haben, gerieten leicht aus dem Blick, sagte der IKRK-Präsident. "In Pakistan zum Beispiel suchten die meisten der zwei Millionen Menschen, die dieses Jahr durch Kämpfe vertrieben wurden, nicht in Lagern Zuflucht. Der Bericht zeigt auf, dass diese Menschen oft am verletzlichsten sind, da sie von der Unterstützung der Aufnahmegemeinschaften abhängen, die manchmal selber extrem arm sind. Deshalb muss nicht nur den Vertriebenen, sondern auch den Menschen geholfen werden, die sie aufgenommen haben."

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Binnenvertriebene im Sudan. Foto: IKRK

Für das IKRK ist die Einrichtung von Flüchtlingslagern nur eine vorübergehende Massnahme, um die dringendsten Bedürfnisse zu decken. Die Lager böten den Vertriebenen keine ausreichende Sicherheit, verstärkten die Abhängigkeit und könnten sie davon abhalten, an ihre Herkunftsorte zurückzukehren, selbst wenn die Umstände dies zulassen würden, sagte Kellenberger. Immer wieder gebe es auch Spannungen zwischen Lagerbewohnern und Ortsansässigen, weil letztere nicht in den Genuss der in den Lagern bereitgestellten Dienste kommen.

Das IKRK hält es für wichtig, den Vertriebenen zu helfen, wieder ein normales Leben aufzunehmen und eigenständig ihren Lebensunterhalt zu sichern. Dies lasse sich leichter verwirklichen, wenn sie in Aufnahmegemeinschaften leben.

"Dieser Bericht ist ein Aufruf an die zuständigen Regierungen und Konfliktparteien sowie an die humanitären Organisationen und die Geber, ihre Aufmerksamkeit nicht nur den Lagern zuzuwenden, sondern sich mit den Bedürfnissen der Mehrheit der Vertriebenen und der Gemeinschaften verstärkt zu befassen, die diese Menschen ausserhalb der Lager aufnehmen", erklärte Jakob Kellenberger. "Darüber hinaus rufen wir zur besseren Achtung des humanitären Völkerrechts als Mittel zur Verhinderung von Vertreibungen und zur Förderung des Schutzes all derjenigen auf, die ihre Heimstätten verlassen mussten."

Nach den Ergebnissen einer vom IKRK in acht Ländern durchgeführten Meinungsumfrage sind über die Hälfte der von einem bewaffneten Konflikt unmittelbar Betroffenen vertrieben worden. Die Umfrage zeigte ferner, dass Vertreibung, die Trennung von Angehörigen und wirtschaftliche Not die von den Befragten am häufigsten genannten Erfahrungen und Ängste waren.

Das IKRK half 2008 rund 3,77 Millionen Vertriebenen in 36 Ländern, darunter Afghanistan, die Demokratische Republik Kongo, Georgien, Kolumbien, Pakistan, die Philippinen und der Sudan. Das Komitee versorgt die Vertriebenen gemeinsam mit Partnerorganisationen mit Nahrungsmitteln und wichtigen Gebrauchsgütern, unterstützt die Verbesserung der Lebensgrundlagen, fördert landwirtschaftliche Tätigkeiten und deckt die dringendsten Bedürfnisse im Bereich der Wasser-, Sanitär- und Gesundheitsversorgung.

Foto: Binnenvertriebene vor einer Behelfsunterkunft im Sudan © Pedram Yazdi/ICRC


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