fao_wfsRom (epo.de). - In Rom beginnt am Montag der "World Summit on Food Security" der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO). Der Ernähungsgipfel soll ein neues System der Ernährungssicherung etablieren, um die Zahl der mehr als eine Milliarde Hungernden weltweit endlich zu reduzieren. FAO-Generaldirektor Jacques Diouf rief die Staatengemeinschaft im Vorfeld dazu auf, die Investitionen in die Landwirtschaft von derzeit acht Milliarden US-Dollar jährlich auf 44 Milliarden zu steigern. Gleichzeitig wird es aber auch darum gehen, welche Institution die Agrarhilfen an die ärmsten Länder verwaltet.

Am FAO-Gipfel in Rom werden neben UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Papst Benedikt XVI. mehr als 60 Staats- und Regierungschefs teilnehmen. Hilfsorganisationen kritisierten, dass außer dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi keiner der Staats- oder Regierungschefs der acht wichtigsten Industrienationen (G8) anwesend sein wird.

Die deutsche Bundesregierung, die von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) vertreten wird, kündigte im Vorfeld bereits an, sie werde ihre Hilfen für die Landwirtschaft in armen Ländern erhöhen. Zu den im Juni beim G8 Gipfel zugesagten 20 Milliarden Dollar wolle die Bundesregierung innerhalb der nächsten drei Jahre rund drei Milliarden beitragen, kündigte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Gudrun Kopp (FDP) an.

Kopp erklärte, für die deutsche Regierung hätten die Sicherung der Ernährung und die Förderung von Investitionen in die Landwirtschaft in Entwicklungsländern höchste Priorität. Im Mittelpunkt stehe dabei die Hilfe zur Selbsthilfe. Bei den drei Milliarden Dollar, die Deutschland beisteuere, handele es sich um "neue Mittel", die nicht zu Lasten der übrigen Entwicklungshilfe gingen.

Kopp verwies darauf, Geld allein werde das Problem nicht lösen. Die FDP trete seit Jahren auch für die Abschaffung von Exportsubventionen in den Industrieländern ein, die die lokalen Märkte in Entwicklungsländern durch Dumpingpreise zerstörten.

"WEITER SO IST KEINE OPTION"

Aus der Sicht der Welthungerhilfe ist der Welternährungsgipfel vom 16. bis 18. November in Rom die letzte Chance für die internationale Staatengemeinschaft, die Zahl der Hungernden weltweit bis 2015 zu verringern. Die Hilfsorganisation forderte, alle internationalen Maßnahmen zur Bekämpfung des Hungers müssten schnellstens miteinander koordiniert werden.

Die Welthungerhilfe fordert, die bereits ausgearbeitete Reform des Komitees für globale Ernährungssicherheit müsse endlich in die Tat umgesetzt werden. Ziel dieses Komitees soll die inhaltliche Koordinierung und finanzielle Abstimmung aller internationalen Maßnahmen sein, die dem Kampf gegen den Hunger dienen. Gleichzeitig soll es die Regierungen im Süden unterstützen, eigene lokale Strategien zur Bekämpfung des Hungers zu entwickeln.

"Brot für die Welt" und der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) reisten mit einer gemeinsamen Delegation nach Rom, der auch zehn Vertreter aus Entwicklungsländern angehören. "Es ist gut, dass die Abschlusserklärung, die schon vorher ausgehandelt wurde, das Menschenrecht auf Nahrung hochhält und die Förderung der Kleinbauern in den Mittelpunkt stellt", sagte Michael Windfuhr, Teamleiter Menschenrechte bei Brot für die Welt. "Wichtig ist uns zudem, dass im Hinblick auf die Herausforderungen durch den Klimawandel bei Anpassungsleistungen in der Erklärung nicht mehr nur von der Förderung betroffener Länder, sondern von besonders betroffenen Personengruppen die Rede ist."

Tolbert Jallah, Generalsekretär des Westafrikanischen Kirchenrats und Mitglied der Delegation von Brot für die Welt und EED, kritisierte, die offiziellen Dokumente setzten zu sehr auf Geld, Investitionen und Technik. "Die Potenziale der Menschen werden vernachlässigt und ein wirkliches Mitgefühl für die täglichen Leiden der Hungernden erkenne ich nicht." Seiner Meinung nach kommt es darauf an, die Abwanderung der Jugend vom Land in die Stadt zu verhindern und den landwirtschaftlichen Beruf durch Ausbildung, Beratung und Unterstützung aufzuwerten.

Im Vorfeld der Regierungskonferenz tagten rund 900 Vertreter der Zivilgesellschaft, um ihre Sichtweise zu koordinieren. In einer Botschaft an die Regierungen mit dem Titel "Weiter so ist keine Option" kritisierten sie, die sozialen und ökologischen Herausforderungen würden von der bisherigen Weltagrarpolitik nicht angemessen angegangen. "Zivilgesellschaft hat die Aufgabe, Solidarität mit den Hungernden zu üben und nicht das ungerechte Welternährungssystem fortzuschreiben", erklärten sie.

HAUEN UND STECHEN UM MITTELVERWALTUNG

Der Bonner Journalist und Agrarexperte Uwe Hoering kritisierte, die Vereinten Nationen und die internationalen Finanzinstitutionen versuchten mit immer neuen "Task Forces", institutionellen Reformen und Strategiepapieren auf den Skandal zu reagieren, "dass einem Schlaraffenland von Nahrungsmitteln eine historisch noch nie erreichte Anzahl von Hungernden gegenüber steht". Die Reformankündigungen und das "Herumzimmern an Governance-Architekturen" seien aber kaum mehr als Aktionismus und könnten nicht verdecken, dass im Hintergrund bereits ein Gerangel um die Verwaltung der Gelder begonnen habe.

"Die Weltbank hat längst ihre Pflöcke eingerammt, um sich als effizientester Hungerbekämpfer und Mittelabflusskanal zu präsentieren", schreibt Hoering in einem Kommentar zum Ernährungsgipfel. "Und sie hat mit den meisten Regierungen der Industrieländer und der Industrie starke Bataillone hinter sich. Aber auch die FAO, als UN-Organisation in den vergangenen Jahren zunehmend geschwächt, sieht in der Krise ihre Chance. Sie ist gerade dabei, durch einen Reformprozess ihr Image aufzupolieren und sich wieder zurück ins Spiel zu bringen. In einem geschickten Schachzug hat sie sich mit der Reform des Komitees für Ernährungssicherheit (CFS) die Unterstützung durch Zivilgesellschaft, transnationale Bauernbewegungen und nichtstaatliche Entwicklungsorganisationen gesichert – als Vertreter von Millionen Bauern authentische Mitstreiter für das hehre Ziel."

Die ernährungspolitschen Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Thilo Hoppe und Ulrike Höfken, forderten die Bundesregierung und die internationale Staatengemeinschaft auf, "endlich zu handeln und nicht nur zu reden". Bisher seien die Staats- und Regierungschefs vor allem gut darin gewesen, Initiativen und Partnerschaften mit bedeutend klingenden Namen zu gründen und Gipfel einzuberufen. "Ein nennenswerter Erfolg für die betroffenen Menschen ist bisher nicht zu verzeichnen. Die Agrarpolitik- und der internationale Handel mit Agrarprodukten müssen weltweit neu ausgerichtet werden."

www.fao.org/wsfs/world-summit/en/

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