Berlin (epo.de). - Angesichts der globalen Krisen ist eine radikale Umkehr hin zu einer sozialen und ökologischen Zukunftsfähigkeit nötig. Diese Auffassung vertreten mehr als zwei Dutzend im Bündnis "Social Watch Deutschland" kooperierende nichtstaatliche Organisationen. Sie stellten am Mittwoch in Berlin den "Social Watch Deutschland Report 2009" vor.
"Wir haben es heute nicht nur mit einer globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, sondern mit sich bedingender Klimakrise, Wasserkrise, Hungerkrise, Biodiversitätskrise und Energiekrise im Süden zu tun“, erklärte Klaus Schilder von
terre des hommes bei der Vorstellung des Berichts. Der zivilgesellschaftliche Report mit dem Titel "Global Krisen – soziale Folgen und politische Konsequenzen" zeige, dass angesichts der Globalität der Krisen auch globale Antworten erforderlich seien.
"Der Social Watch Bericht macht deutlich: Wir stehen vor historischen globalen Herausforderungen, angesichts derer die soziale und ökologische Zukunftsfähigkeit zur Gesellschaftspolitik werden muss", betonte Schilder. "Eine grundlegende Neuordnung der globalen Wirtschafts- und Finanzarchitektur ist vordringlich. Die von der Stiglitz-Kommission formulierten Reformvorschläge müssen unter Führung der Vereinten Nationen - nicht der G20 - umgesetzt werden, die demokratische Teilhabe von Entwicklungsländern an globalen Entscheidungsprozessen muss rasch gestärkt werden"
Von den Krisen sind dem Bericht zufolge die Entwicklungsländer besonders betroffen. Dort habe die Zahl der Hungernden als Folge der Finanzkrise um 100 Millionen zugenommen, dort würden auch die Folgen der Klimakrise am schlimmsten sein. Aber auch in den Industrie- und Schwellenländern seien die Folgen der Krisen allgegenwärtig, sagte Roberto Bissio aus Montevideo (Uruguay), Direktor des
internationalen Social Watch Netzwerkes. "Aufgrund der Krise sind die Millenniums-Entwicklungsziele in weite Ferne gerückt. Der Social Watch Bericht zeigt: In vielen Ländern verschärft sich die Nahrungsmittelknappheit, die Zahl der Hungernden nimmt zu. Überall nimmt die soziale Polarisierung, die Kluft zwischen Arm und Reich, zu. In fast allen Ländern sind Kinder und Frauen unverhältnismäßig stark von der Krise betroffen", so Bissio. "Hierbei zeigt sich, dass die Märkte nicht in der Lage sind, die von ihnen selbst verursachten Probleme zu lösen."
"Zukunftsfähigkeit reicht weit über Hybridwagen oder Energiesparlampen hinaus. Auf der Tagesordnung steht der Umbau der gesamten Konsum- und Wegwerfgesellschaft", sagte Klaus Heidel von der
Werkstatt Ökonomie, der zugleich Sprecher von Social Watch Deutschland/Forum Weltsozialgipfel ist. "Angesichts begrenzter Ressourcen, großer sozialer Ungleichheit auch in den reichen Ländern und einer Übernutzung der natürlichen Ressourcen durch die Menschen in Industrieländern, ist dabei mit erheblichen Konflikten zu rechnen. Dass konsensuale Problemlösungsstrategien an Runden Tischen zum Erfolg führen, ist unwahrscheinlich. Daher muss der Umbau mit demokratischen Mitteln, durch Protest, Überzeugung und Pioniertätigkeit vorangetrieben werden. Nur dann kann der ökologische und soziale Kollaps verhindert werden."
Social Watch Deutschland/Forum Weltsozialgipfel (
www.social-watch.de) ist ein Forum von 28 entwicklungs- und sozialpolitischen Organisationen, kirchlichen Institutionen, politischen Stiftungen und Gewerkschaften. Es wurde im Vorfeld des Weltgipfels für soziale Entwicklung (Kopenhagen 1995) gegründet. Sein Ziel ist die kritische Beobachtung der Umsetzung von sozial- und entwicklungspolitischen Beschlüssen großer Weltkonferenzen.
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