Genf (epo.de). - NGOs und Gewerkschaften haben der Welthandelsorganisation (WTO) vorgeworfen, sich nicht um den Verlust von Arbeitsplätzen im Rahmen der Liberalisierung des Welthandels zu kümmern. Soziale Sicherheit und menschenwürdige Arbeitsmöglichkeiten müssten Vorrang vor Profitinteressen haben, forderten der Evangelische Entwicklungsdienst (EED), die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und die Entwicklungsorganisation WEED am Mittwoch zum Abschluss der WTO-Ministerkonferenz in Genf.
"Mehrere Jahrzehnte Liberalisierungspolitik in Afrika und Lateinamerika haben gezeigt: Liberalisierung führt zu einem Abbau von Arbeitsplätzen. Unter dem Strich gehen mehr Jobs verloren als geschaffen werden", sagte Peter Fuchs, Handelsreferent bei
WEED.
Auch deutsche und europäische Beschäftigte, so Frank Schmidt-Hullmann, Leiter der Abteilung Internationales bei der
IG BAU, bangten angesichts einer rücksichtslosen Freihandelspolitik um ihre Arbeitsplätze. Zahlreiche Beschäftigte in Europa spürten schon heute die negativen Auswirkungen der Liberalisierung des europäischen Binnenmarktes und einer Politik, die einseitig auf die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit orientiert sei: "Handelspolitik darf nicht zu einer verschärften Konkurrenz um immer niedrigere Löhne in Deutschland führen. Vielmehr muss sie dazu dienen, die Arbeits- und Menschenrechtssituation weltweit zu verbessern. Dies wird in der WTO völlig ignoriert."
"Auch in Entwicklungsländern drohen für viele Menschen schlechtere Arbeitsbedingungen oder gar Jobverlust. Von den Segnungen des Freihandels profitieren nur wenige – und die haben ohnehin schon genug", erklärte Michael Frein vom
Evangelischen Entwicklungsdienst. "Regeln zugunsten von menschenwürdiger Arbeit müssen Vorrang vor Welthandelsregeln haben."
Die negativen Auswirkungen der Freihandelspolitik auf die Beschäftigungssituation in Nord und Süd war von der britischen Organisation
War on Want in einer Studie analysiert worden. Die entwicklungspolitischen NGOs und die IG BAU hatten die Ergebnisse der Studie in Genf diskutiert.
Das globalisierungskritische Netzwerk
Attac bezeichnete die Ministerkonferenz der WTO in Genf als gescheitert. "Das Treffen hat deutlich gemacht, dass die WTO nicht in der Lage ist, angemessen auf die veränderte weltwirtschaftliche Lage zu reagieren. Das System WTO ist am Ende", sagte Johannes Lauterbach, einer der Attac-Vertreter vor Ort. Ziel der Konferenz sei es gewesen, die Rolle der WTO in der globalen Krise zu analysieren und ihre zukünftigen Aufgaben zu diskutieren. "Stattdessen haben die Regierungen der Mitgliedstaaten den Kopf in den Sand gesteckt und eine reale Bewertung der Rolle der WTO in der Welt vermieden."
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