hunger_kind chinaBerlin (epo.de). - Die Welthungerhilfe und das Kinderhilfswerk terre des hommes haben den am Mittwoch im Bundeskabinett vorgelegten Haushaltsentwurf 2010 als "peinlichen Wortbruch" kritisiert. "Entgegen den Sonntagsreden von Bundeskanzlerin Angela Merkel fehlt im Etatentwurf ein klares Bekenntnis zur Finanzierung des weltweiten Kampfs gegen Klimawandel und Armut", erklärten die beiden Organisationen. Auch der Verband Entwicklungspolitik (VENRO) kritisierte den Haushaltsentwurf. Mit dem neuen Etat könne Deutschland seine internationalen Verpflichtungen nicht erfüllen, erklärte VENRO.

"Der geplante Anstieg des BMZ-Haushalts um 67 Millionen Euro auf 5,881 Milliarden Euro bedeutet einen Zuwachs von lediglich 1,2 Prozent und damit praktisch Nullwachstum", sagte der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Wolfgang Jamann. "Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel selbst hatte wenigstens 300 Millionen an zusätzlichen Mittel gefordert, alleine zur Deckung der internationalen Verpflichtungen aus dem ODA-Stufenplan der EU wären aber 2010 und in den Folgejahren jeweils etwa 1,7 Milliarden Euro zusätzlich nötig." Angesicht der Klimakrise und der sich verschärfenden Armutssituation mache sich Deutschland damit international unglaubwürdig.

"Die Bundesregierung muss dringend erklären, wo die zum Kopenhagener Klimagipfel für 2010 zugesagten 420 Millionen Euro neuer und zusätzlicher Finanzhilfen für den Klimaschutz in Entwicklungsländern geblieben sind", erklärte Danuta Sacher, die Geschäftsführerin von terre des hommes. "Im BMZ-Etat sind nur 23 Millionen wirklich neu, der Rest deckt bestehende G8-Zusagen zur globalen Ernährungssicherung. Und für die internationale Klimaschutzinitiative Deutschlands steht entgegen dem Versprechen der Bundeskanzlerin in Brüssel gegenüber dem Vorjahr kein einziger zusätzlicher Cent zur Verfügung. Deutschland ist damit weiter denn je von einer klima- und entwicklungspolitischen Vorreiterrolle entfernt."

Bezogen auf den Anteil der Entwicklungshilfe am Bruttoinlandseinkommen befinde sich Deutschland mit 0,38 Prozent nur auf Rang 14 unter den 22 größten Geberländern, rechnen Welthungerhilfe und terre des hommes vor. Die Bundesregierung habe sich verpflichtet, diesen Prozentsatz im nächsten Jahr auf 0,51 Prozent und bis 2015 auf 0,7 Prozent zu steigern.

Welthungerhilfe und terre des hommes veröffentlichen jährlich den Bericht "Die Wirklichkeit der Entwicklungshilfe" als kritische Analyse der offiziellen Entwicklungspolitik.

"Dass der BMZ-Etat von der neuen Regierung aufgestockt wurde, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die internationalen Zusagen die Deutschland gemacht hat, nicht eingehalten werden", sagte VENRO-Vorstandsvorsitzender Ulrich Post. So bleibe völlig offen, wie die Bundesregierung ihr Versprechen an die Europäische Union (EU), die ODA-Quote bis 2010 auf 0,51 Prozent und bis 2015 auf 0,7 Prozent zu steigern, realisieren wolle. Der BMZ-Etat des kommenden Jahres soll 5,9 Milliarden Euro betragen, das sind 1,2 Prozent mehr als im Vorjahr.

"Wir fordern von der Bundesregierung konkrete Vorschläge, wie sie ihre Versprechen einhalten will", so Post. Ein adäquates Mittel sei zum Beispiel die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Zudem sei es wichtig, dass Klimaschutz-Gelder für die Entwicklungsländer nicht in die Quotenziele mit eingerechnet würden. "Die Industrieländer tragen die Hauptverantwortung für den Klimawandel. Die Gelder sind deshalb eine Wiedergutmachung und keine klassische Entwicklungshilfe", betonte Post.

Mit Blick auf den Klimagipfel in Kopenhagen forderte der Verband von der Bundesregierung, sich innerhalb der EU für das Zwei-Grad-Ziel einzusetzen. Dafür wäre mindestens eine Reduzierung der Emissionen bis 2020 um 40 Prozent notwendig. Die EU-Staaten müssten sich verpflichten, die CO2-Emissionen gegenüber 1990 mindestens um 30 Prozent zu senken. Dies solle ein wesentlicher Punkt eines verbindlichen Abkommens sein, das am Ende des Klimagipfels von Kopenhagen stehen solle.

"Deutschland und die EU haben aus verhandlungstaktischen Gründen über zwei Jahre verschlafen, ambitionierte Reduktionsziele und Finanzzusagen zu treffen. Damit muss in Kopenhagen jetzt Schluss sein", so Post.

Das Entwicklungsministerium (BMZ) erklärte am Mittwoch dazu, man habe höhere Zuwächse beim Entwicklungsetat gefordert, "aber angesichts der engen Haushaltslage war der jetzige Aufwuchs das Maximum, was herausgeholt werden konnte". Die Steigerung zeige, "dass die Bundesregierung weiterhin zu ihren internationalen Zusagen in der Entwicklungspolitik steht. Minister Niebel hat damit ein wichtiges Signal in Richtung des 0,7-Prozent-Ziels des Bruttonationaleinkommens für Entwicklung bis 2015 gesetzt und wird sich weiter dafür einsetzen, dass der Entwicklungsetat im Rahmen der allgemeinen haushaltspolitischen Lage schrittweise erhöht wird."

Die zusätzlichen Kosten aufgrund der Klimahilfen für Entwicklungsländer seien ebenso wie mögliche Mehrkosten für Afghanistan "aus dem Haushalts-Entwurf ausdrücklich ausgeklammert worden", erklärte das BMZ. Die Hilfen für die Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern könnten beispielsweise durch Einnahmen aus dem Emissionshandel finanziert werden.

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