cop15Kopenhagen (epo.de). - Unter Experten und Beobachtern von Umwelt- und Entwicklungsorgansationen wachsen die Zweifel, ob in Kopenhagen ein faires Klima-Abkommen vereinbart werden kann. Die Hilfsorganisation CARE kritisierte am Mittwoch, ausgerechnet die Bedürfnisse der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Menschen würden in Kopenhagen ignoriert. Das katholische Hilfswerk MISEREOR forderte die deutsche Bundesregierung eindringlich auf, wieder eine Führungsrolle bei den Klimaverhandlungen zu übernehmen.

"Diejenigen Menschen, die am stärksten unter dem Klimawandel leiden, haben keine Stimme hier in Kopenhagen", erklärte Andreas Zahner, Klimaexperte von CARE. "Ihre Bedürfnisse werden beim Klimaabkommen ignoriert. Die relevanten Stellen sind im Verhandlungstext einfach gestrichen worden."

Bislang gebe es keine ausreichenden finanziellen Zusagen für die Anpassung der ärmsten Menschen an den Klimawandel, kritisierte Zahner, der derzeit die Verhandlungen in Kopenhagen beobachtet. Auch werde im Verhandlungstext nicht erwähnt, wie die Anpassungsmaßnahmen die Menschen erreichen könnten, die sie am dringendsten benötigen.

"Immer mehr Entwicklungsländer drohen damit, die Verhandlungen zu verlassen. Denn sie haben einfach keine Lust mehr, ihre Interessen ständig ignoriert zu sehen", sagte Zahner. "Es liegt in unser aller Verantwortung, den Menschen eine Stimme zu geben. Sie tragen die geringste Schuld am Klimawandel und sind nun am stärksten davon betroffen. Ihre Bedürfnisse, sich an den Klimawandel anzupassen, müssen im Verhandlungstext verankert werden."

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) berichtete am Mittwoch, die Ureinwohner Sibiriens fühlten sich auf dem Weltklimagipfel in Kopenhagen übergangen. "Zwar gibt es Diskussionsforen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die indigenen Völker Grönlands und Kanadas, doch niemand beschäftigt sich mit Sibirien", warf Olga Muraschko vom Dachverband der indigenen Völker Sibiriens, des Nordens und Fernen Ostens Russlands den Organisatoren der Kopenhagener Konferenz vor.

Weder die russische Regierung noch die internationale Gemeinschaft schienen die Gefahren, die vom Klimawandel in Sibirien für die Ureinwohner ausgehen, angemessen zu behandeln, kritisierte die GfbV-Referentin für die GUS-Staaten, Sarah Reinke. "Während Ministerpräsident Wladimir Putin meint, ein bisschen mehr Wärme sei für Russland nicht schlecht, dann bräuchten nicht mehr so viele Pelze getragen zu werden, müssen die indigenen Rentierzüchter zusehen, wie ihre Tiere Hunger leiden und zu schwach werden, um die Schlitten zu ziehen."

DEUTSCHE FÜHRUNGSROLLE ANGEMAHNT

Das katholische Hilfswerk MISEREOR forderte die deutsche Bundesregierung am Mittwoch eindringlich auf, die Führungsrolle bei den Klimaverhandlungen wieder zu übernehmen, wie sie es beim G8 Gipfel in Heiligendamm getan habe. "Die zwei derzeit vorliegenden Verhandlungstexte lassen wesentliche Fragen offen", erklärte MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Josef Sayer. So zum Beispiel die Frage nach einer ausreichenden und langfristigen Finanzierung der Klimaschutzziele sowie die Höhe der Treibhausgasreduktionen. "Wir erwarten, dass die Regierungen ihrer Verantwortung nachkommen und nun endlich handeln."

Pure Absichtserklärungen habe es lange genug gegeben, mahnte Sayer. "Die bisherigen Zusagen für Treibhausgas-Reduktionen der Industrienationen betragen lediglich 13-18 Prozent gegenüber 1990. Diese Zahlen liegen weit unter dem benötigten Mindestmaß von 40 Prozent. Dieser Bruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist ein Skandal! Jeder weiß, was notwendig ist, aber niemand will wirklich etwas dafür tun, um die notwendigen Ziele auch zu erreichen.
Das ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die schon heute vom Klimawandel betroffen sind."

MISEREOR warnte vor der Gefahr, dass sich die Staaten Schlupflöcher vorbehalten, um ambitionierte Ziele zu verwässern. "Dabei bedeutet jede Verzögerung mehr Opfer in den Entwicklungsländern. Wenn es so weitergeht wie bisher, kommt es zu einer Erderwärmung von mindestens 3,4 Grad zum Ende dieses Jahrhunderts. Alle in Nord und Süd tragen Verantwortung für die Menschen im Süden und für die Lebenschancen der künftigen Generationen. Aber die Industrienationen müssen voran gehen. Wir können nicht zusehen, wie die Welt zum Teufel geht", sagte MISEREOR-Hauptgeschäftsführer Sayer.

Sayer warf der EU vor, sie habe es in den letzten Jahren versäumt, das Vertrauen zwischen Entwicklungsländern und Industrienationen zu stärken. "Die Zusage der EU von 7,2 Milliarden Euro bis 2012 an die Entwicklungsländer zur Anpassung an den Klimaschutz ist zwar ein wichtiges erstes Zeichen. Nötig sind aber auch langfristige Finanzzusagen der Industriestaaten über 2012 hinaus. Vertrauen ist wichtig, damit alle - Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer - gemeinsam zu einem Abkommen finden, welches die Erderwärmung auf unter zwei Grad begrenzt", so Sayer.

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