cop15Kopenhagen (epo.de). - Ohne den von Gastgeber Dänemark angekündigten Textentwurf für ein Klima-Abkommen sind die Verhandlungen beim UN-Klimagipfel in Kopenhagen am Donnerstag nachmittag in die letzte Runde gegangen. Dänemarks Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen zufolge sollen Arbeitsgruppen noch strittige Punkte behandeln und den Staats- und Regierungschefs in zwei Dokumenten zur Verabschiedung vorlegen. Einige Fortschritte zeichneten sich bei den Finanzhilfen für Entwicklungsländer ab.

Die dänische Konferenzleitung hatte zuvor zwei Tage lang versucht, im Hinblick auf die Verhandlungen zwischen den Staats- und Regierungschefs eine eigene Textvorlage auszuarbeiten. Dies stieß auf den Widerstand der in der Gruppe der 77 (G77) zusammengefassten Entwicklungsländer sowie Chinas, die hinter dem neuen Vertragsentwurf den Versuch vermuteten, sich nicht mehr an das Kyoto-Protokoll als Verfahrensgrundlage zu halten. Das Kyoto-Protokoll sieht für die Industriestaaten verbindliche Verpflichtungen zur Verringerung ihres Treibhausgas-Ausstoßes vor, während Entwicklungsländern keine strikten Reduktionsziele auferlegt werden.

Die Europäische Union sieht inbesondere die Notwendigkeit, die USA und China als die beiden größten Verursacher von Treibhausgas-Emissionen in die Pflicht zu nehmen. Die USA haben das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert und deshalb auch keine Reduktionsziele im Rahmen des Protokolls anerkannt.

Die beiden Dokumente, die nun vorbereitet werden sollen, basieren deshalb zum einen auf dem Kyoto-Protokoll und zum anderen auf der Klimakonvention von Rio de Janeiro von 1992, die alle Länder unterzeichnet haben, in der aber keine verbindlichen Ziele genannt sind. Der Chef des Klimasekretariats der Vereinten Nationen (UNFCCC), Yvo de Boer, sah am Donnerstag neue Bewegung bei den Verhandlungen und hofft weiter auf einen erfolgreichen Abschluss der Konferenz.

US-Außenministerin Hillary Clinton nannte am Donnerstag die Summe von 100 Milliarden US-Dollar für mögliche Finanzhilfen der reichen Länder, mit denen sich die Entwicklungsländer ab dem Jahr 2020 an die Folgen des Klimawandels anpassen könnten. Die Europäische Union hatte zuvor von 100 Milliarden Euro gesprochen. Die afrikanischen Staaten hatten am Vortag ihrer Forderungen nach Finanzhilfen zurückgeschraubt und 100 Milliarden Dollar für die ärmsten Länder als Verhandlungsgrundlage akzeptiert.

Der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, sagte am Donnerstag in Kopenhagen, mit zunehmender Zeitnot werde es immer schwieriger, wichtige politische und technische Teilfragen zu schließen. "Zwei Tage vor Abschluss der Konferenz kommt es jetzt darauf an, dass konstruktive Kräfte aus Industrie- und Entwicklungsländern Koalitionen bilden und gemeinsam den Weg zu ambitionierten Reduktionszielen, zu den notwendigen langfristigen Finanzzusagen für Klima- sowie Regenwaldschutz und Anpassung sowie zu einem ambitionierten und rechtlich verbindlichen Abkommen zu bahnen. Angela Merkel kann dabei eine zentrale Rolle spielen. Dann aber muss sie über vage Ankündigungen hinaus zeigen, dass sie es ernst meint."

Bislang habe Deutschland die EU gebremst, ein 30 Prozent umfassendes Emissionsminderungsziel für 2020 auf den Tisch zu legen, so Bals. Dies habe das Misstrauen der Entwicklungsländer gefördert und die Fronten verhärtet. Doch jetzt bestehe die Chance, dass Merkel und andere Staatschefs der EU mit weiteren Industrieländern einen "30-Prozentclub" gründen und gemeinsam ihre Emissionsziele erhöhen - wenn auch mit unterschiedlichem Basisjahr. Dies würde auch ein starkes Signal an China aussenden, seine Ambition ebenfalls zu steigern.

Deutschland habe auch gezögert, innerhalb der EU zur langfristigen Finanzierung für Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern Konkreteres auf den Tisch zu legen, so Germanwatch. US-Außenministerin Hillary Clintons Ankündigung, bis 2020 100 Milliarden US-Dollar bereitzustellen, setze nun die EU unter Druck, ebenfalls in diesem zentralen Punkt eines Klimaabkommens ihre Karten offen zulegen. Merkel habe diese "Spielkarte" der EU möglichst spät ziehen wollen. "Jetzt ist der Moment gekommen. Wenn sie jetzt die Karten nicht aufdeckt, ist es zu spät, um noch die notwendige Dynamik erzielen zu können", sagte Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch. "Zentral dabei ist, glaubwürdige Finanzierungs-Mechanismen durchzusetzen, wie etwa Versteigerungserlöse aus dem internationalen Flug- und Schiffsverkehr, und neue Strukturen der Finanzverteilung zu ermöglichen".

Germanwatch sieht noch die Chance, in Kopenhagen den Durchbruch für ein ambitioniertes, rechtlich verbindliches Abkommen zu erreichen. "Merkel nimmt eine Sonderrolle ein", so Klaus Milke, "sie versteht das Problem, kennt den Prozess, weiß was Deutschland im Fall eines guten Abkommens gewinnen wird, und welche Konsequenzen der Welt ohne umfassendes Klimaregime drohen. Viele hier setzen auf Deutschlands Vermittlerrolle".

Der Premierminister von Tuvalu, Apisai Ielemia, sage am Donnerstag, er werde kein Abkommen unterschreiben, das eine Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad Celsius vorsehe. Dies würde den Untergang seines Inselstaates mit rund 12.000 Einwohnern im Südpazifik bedeuten. Experten zufolge dürfte die Erderwärmung 1,5 Grad nicht überschreiten, um kleine Inselstaaten wie Tuvalu vor dem ansteigenden Meeresspiegel retten zu können.

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