cop15Kopenhagen (epo.de). - Die Einigung einer Gruppe von Staaten auf eine vage formulierte und unverbindliche politische Erklärung hat am Freitag abend zunächst ein völliges Scheitern des Klimagipfels in Kopenhagen verhindert. Der Text stieß im Plenum der 193 versammelten Länder bei einigen Staaten jedoch auf Ablehnung. Die Vereinbarung nennt das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, enthält aber keine konkreten Reduktionsziele für Emissionen. Nach einer chaotisch verlaufenen Nachtsitzung beschloss die Konferenz, die Erklärung "zur Kenntnis" zu nehmen. Delegierte, vor allem aber Umwelt- und Entwicklungsorganisationen zeigten sich enttäuscht von der Vereinbarung.

In der "Copenhagen Accord" genannten politischen Erklärung bekennen sich die Unterzeichnerstaaten zur Notwendigkeit "tiefer Einschnitte bei den Emissionen". Auch die Schwellen- und Entwicklungsländer sollen den Anstieg ihres Treibhausgas-Ausstoßes begrenzen. Die reichen Länder sollen die ärmeren Entwicklungsländer zudem bis 2012 mit insgesamt 30 Milliarden US-Dollar und ab 2020 jährlich mit 100 Milliarden Dollar bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützen.

Im teilweise chaotisch verlaufenen Plenum sprachen sich der Pazifik-Inselstaat Tuvalu, der Sudan und mehrere lateinamerikanische Staaten gegen die Verabschiedung der Erklärung aus. Kritisiert wurde vor allem, dass der Text keine konkreten Vorgaben zur Verrringerung der Treibhausgase enthält und von einem kleinen Kreis von mächtigen Staaten, darunter die USA, die EU, China, Indien und Brasilien, außerhalb der regulären Arbeitssitzungen der Konferenz ausgehandelt wurde.

Weil der "Copenhagen Accord" vom Plenum zur Kenntnis genommen wurde, fließt er offiziell in den weiteren Verhandlungsprozess für das kommende Jahr ein. Die Delegierten hatten aber darauf verzichtet, wie normalerweise üblich über alle Punkte des Papiers einzeln abzustimmen.

Konkrete Angaben zur Senkung der Emissionen durch die Industriestaaten und ein Zeitrahmen fehlen in dem Papier. Umwelt- und Entwicklungsorganisationen reagierten enttäuscht auf das Ergebnis. "Was heute nach zwei Wochen der Verhandlungen rausgekommen ist, ist extrem enttäuschend für uns alle und besonders für die Ärmsten der Armen", erklärte Poul Erik Lauridsen, Klimakoordinator von CARE. "Es steht fest, dass das Ergebnis in Kopenhagen weder die Erderwärmung unter 2 Grad Celsius begrenzen noch ausreichende Gelder für arme Menschen und deren Anpassung an den Klimawandel zur Verfügung stellen wird."

Die evangelischen Hilfswerke "Brot für die Welt", Diakonie Katastrophenhilfe und Evangelischer Entwicklungsdienst (EED) sprachen von einem "Scherbenhaufen". Die Staats- und Regierungschefs seien ihrer historischen Verantwortung nicht gerecht geworden. "Die Folgen werden alle treffen, vor allem aber die armen und besonders schutzlosen Menschen in den schon heute besonders vom Klimawandel betroffenen Entwicklungsländern", mahnten sie. Das beschworene Ziel, die Temperaturerwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, werde mit der Kopenhagener Absichtserklärung nicht erreicht.

"Taktiert, gezaudert, verloren. Der Gipfel ist nicht erst in Kopenhagen gescheitert, sondern bereits auf dem Weg dorthin", kritisierte "Brot für die Welt"-Direktorin Cornelia Füllkrug-Weitzel. "Viel zu lange haben Bundesregierung und EU taktiert, um die Kosten niedrig zu halten und damit den Entwicklungsländern jedes Vertrauen in die Einsichtsfähigkeit und Handlungsbereitschaft der EU genommen. Dass die EU-Regierungschefs Ende vergangener Woche kein positives Signal für ihre Reduktionsbereitschaft und für eine langfristige Finanzierungsbereitschaft für Anpassungsmaßnahmen gegeben haben, war fatal. Damit haben wir uns in die Hände derjenigen gespielt, die von Anfang an nicht an einem ambitionierten, fairen und vor allem auch verbindlichen Abkommen interessiert waren - z.B. China."

"Insbesondere den USA und vielen anderen Industrieländern hat es an der ernsthaften Bereitschaft gemangelt, ihre Emissionen in einer Höhe zu mindern, mit der das 2-Grad-Ziel eingehalten werden kann", sagte EED-Vorstand Rudolf Ficker. "China und andere Schwellenländer waren ebenfalls zu zögerlich bereit, Anpassungen an ihren kohlenstoffbasierten Wachstumspfaden vorzunehmen. Auch hat es an der erforderlichen Solidarität mit den Entwicklungsländern gefehlt, in denen der Klimawandel Hunger, Krankheit und Armut noch verschärft."

Großen Mut hätten allein die kleinen Inselstaaten gezeigt, "denen das Wasser bald bis zum Hals stehen wird", betonte Ficker. "Ihre immer wieder vorgebrachte Forderung, endlich ernsthaft zu verhandeln, ist leider ungehört verhallt. Eine wenig konstruktive Rolle haben die Ölstaaten sowie der Sudan als Verhandlungsführer der Gruppe G 77 und China übernommen."

Die evangelischen Hilfswerke kündigten an, man werde die deutsche Bundesregierung nicht aus der Verantwortung entlassen. Der starke Rückenwind für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit, den es in den letzten Monaten in Kirche und Gesellschaft gegeben habe, sei Ansporn und Auftrag, jetzt erst recht für den überfälligen Wandel einzutreten. Deutschland könne und müsse auch ohne internationale Verpflichtungen bis 2020 konsequent 40 Prozent Emissionen reduzieren. Die Summe von sieben Milliarden Euro an zusätzlichen Geldern für Klimaschutz und Anpassung jährlich ab 2013 seien noch immer sinnvolle Ziele. Sie umzusetzen könne auch ein Beitrag dazu sein, wieder ein positives internationales Verhandlungsklima herzustellen.

http://en.cop15.dk
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