afghanistan_isaf_150Berlin (epo.de). - Im Vorfeld der Afghanistan-Konferenz am 28. Januar in London hat Amnesty International (ai) gefordert, der Schutz von Zivilisten und die Einhaltung der Menschenrechte müssten absolute Priorität haben. Weitere Kernforderungen von ai sind die kompromisslose Untersuchung von zivilen Todesfällen bei Kampfhandlungen, die transparente Handhabung von Entschädigungen und die angemessene Beteiligung der Afghanen selbst. Die Welthungerhilfe erklärte, es komme nicht auf die Höhe der Hilfe an, sondern es sei ein Paradigmenwechsel beim internationalen Engagement nötig.

"Der Schutz der Zivilbevölkerung und die Einhaltung der Menschenrechte müssen in London ganz oben auf der Tagesordnung stehen", erklärte Monika Lüke, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. "Wir hoffen, dass Außenminister Guido Westerwelle hier zu seinem Wort steht. Außerdem muss die afghanische Zivilgesellschaft in London angemessen Gehör finden."

Amnesty forderte den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai auf, mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft vorrangig das Problem der Straflosigkeit anzugehen. Karsai besucht am 26. und 27. Januar Deutschland. "Wer in Menschenrechtsverletzungen verstrickt ist, darf kein Volksvertreter werden oder öffentliche Ämter bekleiden; das sollte die Bundesregierung gegenüber Karsai ansprechen", sagte Lüke. "Die Kandidaten für die anstehenden Parlamentswahlen müssen daraufhin überprüft werden."

Auch die Beschwerdekommission des Parlaments müsse gestärkt werden, fordert ai. Dort seien seit 2004 zwar tausende Beschwerden über Parlamentarier eingegangen, denen Menschenrechtsverletzungen und Verbindungen zu Milizen vorgeworfen werden. Diesen werde jedoch nicht nachgegangen. 

"Polizei, Justiz, Gefängnisse – viel ist in diesen Bereichen bisher schief gelaufen, und nur wenige Erfolge sind zu verzeichnen", sagte Lüke. "Hier ist ein größeres Engagement erforderlich, das sich klar an den Menschenrechten orientiert."

Amnesty begrüßte, dass sich die Bundesregierung stärker beim Aufbau der Polizei in Afghanistan engagieren will. "Genauso wichtig wie mehr Geld und Ausbilder sind aber die Inhalte der Ausbildung: Sie muss ein grundlegendes Verständnis der Menschenrechte und der polizeilichen Pflichten und Beschränkungen gegenüber den Bürgern vermitteln. Außerdem brauchen wir ein Monitoring nach der Ausbildung, damit der Effekt nicht sofort wieder verpufft." 



Auch für die Behandlung von Gefangenen fordert Amnesty International ein wirksames Monitoring. "Die ISAF-Truppen sollten keine Festgenommenen an afghanische Behörden überstellen, solange die Gefahr von Folter und Misshandlung besteht."

GELD REICHT NICHT

Nach Ansicht der Welthungerhilfe sind Finanzzusagen nicht entscheidend für den Erfolg der Afghanistan-Konferenz. "Das 'Rezept Geld' allein reicht nicht aus", sagte Wolfgang Jamann, Generalsekretär der Welthungerhilfe. "In Afghanistan ist vielmehr ein Paradigmenwechsel beim internationalen Engagement nötig. Es kommt nicht auf das 'Wieviel' an, sondern auf das 'Wie', vor allem beim zivilen Aufbau."

Die internationale Gemeinschaft sei in Afghanistan "in eine Falle getappt", erklärte die Welthungerhilfe. Unter dem Druck, möglichst viele Mittel schnell umzusetzen, habe sie sich die Unterstützung zweifelhafter lokaler Machthaber erkauft. Damit habe sie die Glaubwürdigkeit des Westens in den Augen der afghanischen Bevölkerung schwer beschädigt. 



Dies gelte insbesondere für die sogenannten "Quick Impact"-Projekte. Dabei handele es sich um Entwicklungsmaßnahmen, die vor allem von Seiten des Militärs durchgeführt werden, um die "Herzen" der Bevölkerung zu gewinnen, so die Welthungerhilfe. Die Vereinigten Staaten hätten die Mittel für diesen Bereich gerade auf 1,2 Milliarden US-Dollar aufgestockt – so viel, wie das Budget der afghanischen Regierung für Bildung und Gesundheit zusammen. 



Die Welthungerhilfe fordert, die Entwicklungsmaßnahmen sorgfältig zu planen und zu koordinieren und die afghanische Bevölkerung stärker mit zu beteiligen. "Die Afghanen müssen bei der Planung über die Zukunft ihres Landes stärker einbezogen werden", sagte Jamann. "Bei der Afghanistankonferenz in London und allen folgenden Prozessen sollen Vertreter der Zivilgesellschaft nicht wie bisher auf Nebenschauplätze verdrängt werden, sondern mit am Verhandlungstisch sitzen. Es muss sicher gestellt werden, dass ihre Anliegen von ranghohen Regierungsvertretern angehört werden."

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