rog_pakistan_swat_150Berlin (epo.de). - Seit die pakistanische Regierung im September 2009 die Kontrolle über das Swat-Tal wiedererlangt hat, sind viele Medienvertreter in die Region im Nordwesten des Landes zurückgekehrt. Lokale Zeitungen könnten wieder erscheinen, das Gebiet kehre allmählich zur Normalität zurück. Das stellt Reporter ohne Grenzen (ROG) in einem jetzt veröffentlichten Kurzbericht zur Lage der Pressefreiheit im Swat-Tal fest.

Nach der Ausweitung der Taliban-Herrschaft im Swat-Tal und der anschließenden Offensive der pakistanischen Armee in den Jahren 2008 und 2009 hatten viele Journalisten aus dem Gebiet fliehen müssen. In Mingora, der größten Stadt im Swat-Tal, erscheinen laut ROG lokale Zeitungen mittlerweile wieder, über Kabel könne die Bevölkerung Fernsehprogramme empfangen, Internetcafés und auch der örtliche Presseclub seien wieder geöffnet. Reporter könnten sich ohne allzu große Risiken im Tal bewegen.

"Die Situation hat sich in den vergangenen sechs Monaten beträchtlich verändert", bestätigte Ghulam Farooq, Redakteur der regionalen Tageszeitung "Shamal" gegenüber ROG. Drohanrufe von Unterstützern der Taliban in Reaktion auf kritische Artikel würden nicht mehr vorkommen. Shireen Zada, Leiter des lokalen Büros des Fernsehkanals "Express News TV", berichtete: "Ich trage keine Pistole mehr bei mir, und auch meine Wachleute sind nicht mehr bewaffnet. Früher musste ich vor Sonnenuntergang zuhause sein."

Ein ROG-Vertreter hatte die Region im Dezember 2009 besucht und einheimische Journalisten nach ihren aktuellen Arbeitsbedingungen befragt. Nach der Wiederübernahme der staatlichen Kontrolle des Gebietes im vergangenen Herbst komme es demnach immer wieder zu Zusammenstößen. Auch die Taliban hätten weitere Racheaktionen angekündigt. Aber die Angst vor Repressionen und Zensur durch die radikal-islamische Bewegung sei unter Medienschaffenden deutlich zurückgegangen. Korrespondenten sei das Gebiet wieder frei zugänglich. Ausgangssperren seien aufgehoben und die Arbeitsnormalität stelle sich wieder ein.

Einige Journalisten berichteten sogar mittlerweile über die von Taliban begangenen Verbrechen, so ROG. Konflikte mit der Armee gebe es bislang offenbar nicht. Dennoch halte die Angst von Journalisten an, ins Visier der Behörden und des Geheimdienstes zu geraten - zum Beispiel unter dem Vorwurf, den "Friedensprozess" in der Region zu gefährden.

Der Bericht soll die Behörden in Pakistan mahnen, dass Verbrechen gegen Journalisten straffrei geblieben sind. Ein Jahr nach dem Mord an Musa Khankel seien die Täter immer noch nicht identifiziert, kritisiert ROG. Der Reporter wurde am 18. Februar 2008 in der Nähe von Mingora erschossen.

Das Swat-Tal ist seit 2007 von großen politischen Umwälzungen und Kämpfen geprägt. Nach der Ausweitung des Einflusses und einer Offensive der Taliban und ihrer lokalen Anhänger erklärte sich die Regierung in Islamabad im Februar 2009 zur Einführung der Scharia bereit. Aber im Mai 2009 setzte die pakistanische Armee dazu an, die Kontrolle über das Territorium mit einer groß angelegten Militäroperation zurückzugewinnen. Im Zuge der Auseinandersetzungen verließen fast zwei Millionen Menschen das Tal, darunter auch fast alle dort arbeitenden Journalisten.

www.reporter-ohne-grenzen.de

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