cbd_150Nagoya (epo.de). - Die Europäische Union verhindert bei den internationalen Verhandlungen über ein Biopiraterie-Protokoll im japanischen Nagoya weitere Fortschritte. Diesen Vorwurf erhebt der Evangelische Entwicklungsdienst (EED). "Nichts geben und alles nehmen entpuppt sich zunehmend als die Strategie der EU", erklärte Michael Frein, der die Verhandlungen für den EED beobachtet. Der EED fordert, dass sich die EU zum Start der Ministerrunde endlich auf die Entwicklungsländer zubewegt.

Vor der Ankunft der Umweltminister am Mittwoch habe sich die EU wirksamen Instrumenten zum Vorteilsausgleich gegenüber den Entwicklungsländern verweigert, berichtete der EED. Europäische Unternehmen sollten weitestgehend vor Kontrollen in Bezug auf Biopiraterie geschützt werden. "Die EU will das neue Protokoll dazu nutzen, europäischen Unternehmen den Zugang zu genetischen Ressourcen der Entwicklungsländer zu sichern. Gewinne aus dieser Nutzung mit den Entwicklungsländern zu teilen, ist für die EU dagegen bislang nachrangig."

Die EU sperre sich besonders dagegen, das Patentrecht zu nutzen, um Biopiraten das Handwerk zu legen, so der EED. "Ohne wirksame Kontrollen in den Industrieländern wird das Protokoll im Kampf gegen Biopiraterie eine stumpfe Waffe", sagte Michael Frein. Falls die EU sich weiter verweigere, hätten die Entwicklungsländer kaum eine Chance, ihre Interessen in Deutschland und anderen Industrieländern durchzusetzen.

Ein weiteres Problem in Nagoya ist aus der Sicht des EED die Forderung der EU, mit einem völkerrechtlich verbindlichen Protokoll den Zugang zu genetischen Ressourcen in Entwicklungsländern offen halten. Der Streit um den Zugang zu Krankheitserregern beispielsweise während einer Pandemie soll dazu dienen, einen einfachen und schnellen Zugang zu den genetischen Ressourcen der Entwicklungsländer für eine breite Palette von Notsituationen völkerrechtlich festzuschreiben. Die Entwicklungsländer sehen darin den Versuch, das Protokoll auszuhöhlen und gleichzeitig ihre Souveränität einzuschränken.

"Ich habe den Eindruck, die EU will das Protokoll nutzen, um den Entwicklungsländern Fesseln in ihrer nationalen Gesetzgebung gegen Biopiraterie anzulegen", sagte Michael Frein.

 Ob die Entwicklungsländer dies mitmachten, sei allerdings fraglich. "Wenn die Minister das Steuer nicht schnell herumreißen, wird ein Protokoll gegen Biopiraterie im Rahmen der Konferenz hier in Japan immer unwahrscheinlicher", sagte Frein. Daher seien jetzt vor allem die EU-Minister gefragt.

Die Unbeweglichkeit der EU in den Biopiraterie-Verhandlungen gefährde auch den Fortschritt in anderen Verhandlungsbereichen der Biodiversitätskonvention, warnte der EED. Die Entwicklungsländer hatten in der UN-Vollversammlung deutlich gemacht, dass sie neue Vereinbarungen zum Naturschutz von einem Erfolg im Bereich Biopiraterie abhängig machen. "Deutschland und die ganze EU sehen sich gerne als Vorreiter in Sachen Natur- und Umweltschutz. In den nächsten Tagen haben Sie hier in Nagoya die Chance zu beweisen, dass dies nicht nur Lippenbekenntnisse sind", sagte Michael Frein.

Der WWF warnte vor einem Scheitern der Konferenz. Entwicklungs- und Industrieländer müssten ihre Gegensätze überwinden und sich sowohl auf ein Abkommen gegen Biopiraterie als auch einen internationalen Rettungsplan für die Artenvielfalt verständigen. Dazu gehört aus Sicht des WWF eine Übereinkunft, 20 Prozent der Erde als Schutzgebiete auszuweisen.

Wie dringend ein solcher Rettungsplan sei, zeige die in Nagoya vorgelegte Bestandsaufnahme der Weltnaturschutzunion (IUCN) über die Artenvielfalt, betonte der WWF. Jede fünfte Wirbeltierart weltweit sei bedroht. Bei den Amphibien seien es sogar 41 Prozent.

www.cbd.int
www.eed.de
www.wwf.de