afghanistan_isaf_150Berlin. - Der schon ab diesem Jahr geplante sukzessive Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan könnte gravierende Folgen für die Sicherheit der Zivilbevölkerung haben. Oxfam und mehrere internationale und afghanische Organisationen befürchten, dass die Übergriffe durch die afghanische Armee und Polizei stark zunehmen werden. Dies geht aus dem jetzt veröffentlichten Bericht "No Time to Lose. Promoting the Accountability of the Afghan National Security Forces" hervor.

"Wir fordern von den NATO-Staaten und der afghanischen Regierung, vor dem Abzug bessere Mechanismen zur Kontrolle der afghanische Sicherheitskräfte einzuführen und die Ausbildung stärker darauf auszurichten, Gewalttaten gegen Zivilpersonen vorzubeugen", sagte Oxfam-Geschäftsführer Paul Bendix.

"No Time to Loose" berichtet von Übergriffen afghanischer Sicherheitskräfte auf die Zivilbevölkerung, einschließlich Folter, willkürlichen Tötungen sowie Rekrutierung von Kindern. Zudem würden Rekruten der afghanischen Sicherheitskräfte nur unzureichend auf ihre Zuverlässigkeit und eventuelle kriminelle Vergangenheit geprüft. Mehrere Zehntausend Polizisten seien ohne jegliche Ausbildung eingestellt worden.

"Die Menschen in Afghanistan setzen große Erwartungen in ihre Sicherheitskräfte. Seit Jahren werden Milliarden in deren Aufbau investiert. Trotzdem sind die Polizei und das Militär häufig eher eine Gefahr als ein Schutz für die Bürgerinnen und Bürger", erklärte Bendix. "Deutschland und seine Verbündeten tragen eine große Verantwortung dafür, dass nach ihrem Abzug in Afghanistan Recht und Gesetz gewährleistet sind. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind davon leider noch weit entfernt."

Die NATO habe ihre Verfahren zur Aufklärung von Übergriffen und zur Entschädigung ziviler Opfer deutlich verbessert, erklärten die NGOs. Allerdings sei kaum etwas getan worden, um diese Standards auch auf die von der NATO geschulten afghanischen Sicherheitskräfte zu übertragen. So gebe es derzeit kein funktionierendes System für Beschwerden und Schadensersatzansprüche von Zivilpersonen, die durch afghanische Soldaten oder Polizisten geschädigt wurden.

Die Herausgeber des Berichts fordern die internationale Gemeinschaft und die afghanische Regierung dazu auf, die Ausbildung der afghanischen Polizei zu verlängern und rechtsstaatliches Polizeihandeln in deren Mittelpunkt zu stellen. Ferner fordern sie, bei Militär und Polizei wirksame Beschwerde-, Entschädigungs- und Überprüfungsmechanismen einzurichten, Rekruten vor ihrer Einstellung besser zu überprüfen, den Frauenanteil in den afghanischen Sicherheitskräften zu erhöhen, die Ausstattung von Militär und Polizei zu verbessern sowie die Zusammenarbeit mit Milizen einzustellen, die die staatliche Polizei auf Gemeindeebene unterstützen, aber weitgehend unkontrolliert handeln.

Die Studie "No Time to Lose. Promoting the Accountability of the Afghan National Security Forces" wurde von Oxfam verfasst und gemeinsam mit den Organisationen Campaign for Innocent Victims in Conflict (CIVIC), Peace Training and Research Organisation (PTRO) sowie Human Rights, Research and Advocacy Consortium (HRRAC) herausgegeben.

www.oxfam.de

Back to Top

Wir nutzen ausschließlich technisch notwendige Cookies auf unserer Website.