Göttingen. - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat an den Vorsitzenden der Ethikkommission für den Atomausstieg, Klaus Töpfer, appelliert, sich bei der Bundesregierung für eine Offenlegung der Herkunft des in Deutschland genutzten Urans einzusetzen. Die GfbV bat den ehemaligen Umweltminister, sich dafür zu engagieren, dass Energiekonzerne rechtlich verbindlich verpflichtet werden, die Herkunft des Urans nachzuweisen.
Nur so könne wirksam durchgesetzt werden, dass beim Abbau des in deutschen Atomkraftwerken genutzten Urans die Sicherheit der Arbeiter und der im Umkreis der Mine lebenden Bevölkerung garantiert ist, erklärte die GfbV. "Wenn die Bundeskanzlerin eine Ethikkommission einberuft, um über den Atomausstieg zu beraten, dann ist es nur folgerichtig, sich auch mit ethischen Fragen des Uranbergbaus zu beschäftigen." Denn ohne Uran aus Übersee würden die deutschen Atomkraftwerke schon lange stillstehen.
Seit mehr als drei Jahrzehnten dokumentiert die GfbV, dass vor allem Ureinwohner vom Uranbergbau massiv betroffen sind. Denn die meisten Uranminen liegen auf dem Land von indigenen Völkern: von Tuareg in Niger, Aborigines in Australien, Indianern und Inuit in Kanada, Indianern in den USA und Adivasi in Indien. Rücksichtslos werde der lukrative Rohstoff abgebaut, ohne die Arbeiter und Anwohner über die Gefahren des Bergbaus zu informieren und vor den katastrophalen gesundheitlichen Folgen angemessen zu schützen, so die GfbV.
Die Energiewirtschaft habe kein Interesse an einer Offenlegung der Herkunft des Urans, da sie möglichst kostengünstig produzieren möchte. Proteste der GfbV bei den Jahreshauptversammlungen der Energiekonzerne RWE und eon im Frühjahr 2011 seien ohne Reaktion geblieben. Auch von der Bundesregierung, der EURATOM Supply Agency und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) werde die Herkunft des Urans verschleiert. Glaubwürdiges aktuelles Zahlenmaterial werde von ihnen nicht veröffentlicht. Auf den Protest von mehreren tausend GfbV-Unterstützern, die den Bundesumweltminister in einer Postkarten-Kampagne um mehr Engagement für die ersten Opfer des Urankreislaufs baten, habe Norbert Röttgen abweisend reagiert. Zwar finde er die Anregung interessant, doch sei er dafür nicht zuständig, erklärte der Minister in einem Antwortschreiben.
"Während sich die Bundesregierung ihrer Verantwortung entzieht, nehmen unter den Ureinwohnern nahe der Uranminen Leukämie, Haut- und Lungenkrebs stark zu", warnte die GfbV. "Wer vermeintlich billige Atomenergie nutzt, sollte sich auch zu seiner Verantwortung für die Opfer des Atomkreislaufs bekennen und alles dafür tun, dass auch in den Uranminen grundlegende Sicherheitsvorschriften beachtet werden."
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