gfbvGöttingen. - Die Gesellschaft  für bedrohte Völker (GfbV) hat die Regierung Ägyptens aufgefordert, die Menschenrechte der Beduinen auf dem Sinai zu respektieren und die wirtschaftliche Entwicklung der Region stärker zu fördern. "Wer Ruhe auf der Sinai-Halbinsel haben will, darf die Beduinen nicht länger als Bürger zweiter Klasse behandeln", erklärte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius in Göttingen.

"Die Beduinen sind der Schlüssel zur Stabilisierung des Sinai", betonte Delius. "Wer die Beduinen nur als Sicherheitsproblem sieht und auf den Einsatz von mehr Polizei und Armee drängt, schürt Spannungen und Gewalt."

Mehr als 1200 ägyptische Polizisten und Soldaten waren in der letzten Woche in den Norden des Sinai verlegt worden, berichtete die GfbV. Seit Februar 2011 seien dort fünf Anschläge auf eine Pipeline verübt worden, die Erdgas nach Israel liefert. Nach Terroranschlägen in Israel und der Erschießung von fünf ägyptischen Polizisten durch israelische Sicherheitskräfte nahmen die Spannungen zwischen Ägypten und Israel in den letzten Tagen weiter zu.

"Der Sinai ist noch immer ein Pulverfass", sagte Delius. Nachdem die Spannungen zwischen Beduinen und ägyptischen Sicherheitskräften unter Diktator Hosni Mubarak zugenommen hätten, warteten die Ureinwohner des Sinai bis heute noch immer vergeblich auf eine Verbesserung ihrer Lage. Unter Mubarak seien zwischen den Jahren 2004 und 2006 mehr als 3000 Beduinen verhaftet und zumeist ohne Gerichtsverfahren jahrelang in Haftanstalten und Militärlagern festgehalten worden. Pauschal seien die Beduinen von Mubaraks Regime bezichtigt worden, Terroristen zu fördern.

"Mit dem Sturz Mubaraks hofften die rund 370.000 im Nord-Sinai lebenden Beduinen auf einen Neubeginn", sagte Delius. Mehr als 80 inhaftierte Ureinwohner seien von den Behörden freigelassen worden. Doch damit wollten sich die Beduinen nicht zufriedengeben. Sie forderten die Freilassung aller Festgenommenen und die Beachtung der Landrechte der Ureinwohner. Auch verlangten sie mehr Arbeitsplätze und wirtschaftliche Entwicklung für die verarmte Region.

Zwar beschloss Ägyptens Regierung der GfbV zufolge am letzten Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Förderung des 60.000 Quadratkilometer großen Gebiets. Doch entsprechende Absichtserklärungen Kairos seien bereits mehrfach nicht umgesetzt worden. Die Arbeitgeber im Sinai beschäftigten bevorzugt Arbeitskräfte aus anderen Regionen Ägyptens. Nur 13 Prozent der Beduinen seien in der Privatwirtschaft oder im Öffentlichen Dienst beschäftigt. So versuchten viele Beduinen als Schmuggler zu überleben. Besser gesicherte Grenzzäune zu Israel sowie eine teilweise Öffnung der Grenzen zum Gaza-Streifen machten es ihnen immer schwerer, vom Schmuggel zu leben.

"Eine verstärkte wirtschaftliche Förderung der Beduinen im Nord-Sinai würde auch helfen, den wachsenden Einfluss der zwei radikal-islamischen Bewegungen "Tafkir wal-Hijra" und "Al-Da'awa wal Sunna" einzudämmen, erklärte die GfbV. Tafkir-Kämpfer hatten Ende Juli 2011 die Polizeistation der Stadt El Arish angegriffen. Dabei starben vier Menschen. Die radikal-islamischen Bewegungen streiten mit den Beduinen um die Kontrolle des von den Sicherheitskräften weitgehend aufgegebenen Nord-Sinai.

www.gfbv.de

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