suedwind_migrantinnenSiegburg. - In einer neuen Studie hat das SÜDWIND Institut für Ökonomie und Ökumene in Siegburg den Migrationsweg westafrikanischer Frauen und zentrale Ursachen und Motive der Migration untersucht. Dabei konzentriert sich die Studie "Jede geht – warum nicht Du?" insbesondere auf die Arbeitsmigration von Ghanaerinnen, die nach Marokko und auch in die EU ziehen, und fragt nach den sozialen, ökonomischen und rechtlichen Verhältnissen, in denen Migrantinnen in den Zielländern leben.

Viele der Migratinnen leben SÜDWIND zufolge irregulär in Europa, haben keine Arbeitserlaubnis und können nur im informellen Sektor arbeiten. Die Arbeitsverhältnisse seien alle ungeschützt und böten in der Regel keine verlässliche Einkommensquelle und keine soziale Sicherheit. SÜDWIND plädiert daher für die Umsetzung international verankerter (Arbeits-)Schutzrechte für MigrantInnen, für stärkere gewerkschaftliche und zivilgesellschaftliche Ansätze zur Durchsetzung von Arbeitsrechten, für eine umfassende Legalisierung der zurzeit irregulär in Deutschland lebenden Menschen und eine grundlegende Umorientierung der EU-Handels- und Agrarpolitik.

Anders als das in der europäischen Öffentlichkeit dominierende Bild von schwarzen, jungen, männlichen Bootsflüchtlingen, die "in Massen" nach Europa strömen, zeichne die Studie ein differenzierteres Bild von Migration, erklärte SÜDWIND. Sie trage zur Widerlegung des "Mythos der Invasion" bei: Die Hälfte der 200 Millionen internationalen Migrantinnen und Migranten sei weiblich, irreguläre Migration mache etwa ein Viertel dieser Gesamtzahl aus und nur rund ein Prozent der afrikanischen MigrantInnen migriere nach Europa.

Dennoch ist der Studie zufolge in den letzten Jahren ein Wachstum sowohl der Süd-Nord-Migration als auch eine Feminisierung der Migration festzustellen. Mit letzterem ist vor allem die zunehmend unabhängige Migration insbesondere junger und gebildeter Frauen gemeint, die weltweit festzustellen ist. Zu dieser Entwicklung, so die Studie, hat die wachsende Nachfrage nach gering qualifizierter Dienstleistungsarbeit sowie landwirtschaftlicher Tätigkeit in den Industrieländern genauso beigetragen wie die anhaltende relative Armut in den Herkunftsländern, in der Studie dargestellt am Beispiel Westafrikas, und die Exportpolitik der EU, die z.B. die landwirtschaftlichen Betriebe von Ghanaerinnen in den Ruin getrieben habe.

Die Betrachtung der EU zeige, dass sich die prekäre Aufenthalts- und Arbeitssituation, die insbesondere Frauen auf dem Migrationsweg erlebten, in der Zielregion EU fortsetze, heißt es in der Untersuchung. Die EU-Politik habe sich bisher angesichts dieser Situation auf die Bekämpfung der irregulären Migration konzentriert und dabei durch die Beschränkung regulärer Einreise- und Aufenthaltsmöglichkeiten immer mehr Menschen auf den irregulären Weg gedrängt. Die Etablierung und Kontrolle von Grenzen und die Funktionalisierung Nordafrikas als Sicherheitsgürtel für Europa machten Migrationswege für die Mehrheit der Menschen, die nach Europa wollen, riskanter und tödlicher. Es gebe Berichte über MigrantInnen, die die Grenze zwischen Algerien und Marokko bis zu 30 mal überschritten haben und unter zum Teil menschenunwürdigen Bedingungen ohne Getränke und Nahrung in der Wüste ausgesetzt wurden, zurückkehrten und das Gleiche wieder erlebten.

"Eine Verbesserung der Situation von MigrantInnen", so die Autorin der Studie, Sabine Ferenschild, "ist notwendig und ein Gebot der Humanität". Zugleich mache die Studie aber durch die zahlreichen Verweise auf die Zusammenhänge zwischen Wirtschaftsweisen und Migrationsformen deutlich, dass für die "Verbesserung" der Situation von MigrantInnen strukturelle Veränderungen des Wirtschaftssystems selbst nötig wären: Ein nachhaltiger Umgang mit Rohstoffen und Agrarprodukten, eine an lokalen Bedürfnissen orientierte Güterproduktion und die globale Etablierung menschenwürdiger Arbeitsformen gehörten damit auf die migrationspolitische Agenda.

Die Studie steht auf der Website www.suedwind-institut.de zum Download bereit.

Back to Top

Wir nutzen ausschließlich technisch notwendige Cookies auf unserer Website.