nicaraguaBerlin. - Die deutsche Bundesregierung will die Entwicklungshilfe für Nicaragua kürzen: Als Reaktion auf die umstrittenen Wahlen in dem zentralamerikanischen Land werde die Zusammenarbeit erheblich eingeschränkt und auf die Kooperation bei der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung begrenzt, teilte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) am Dienstag in Berlin mit.

"Für die Zusammenarbeit mit unseren Partnerländern haben wir strenge Vorgaben formuliert - Menschenrechte und gute Regierungsführung sind keine verhandelbaren Werte", erklärte Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP). "Das nicaraguanische Regime muss nun die Konsequenzen seiner zunehmend autokratischen Regierungsweise tragen. Klar ist: Wir werden dabei mit Augenmaß vorgehen, damit unser Ausstieg aus den betroffenen Projekten nicht die Falschen trifft - nämlich die Ärmsten der Armen. Das heißt: Weder stellen wir die Entwicklungszusammenarbeit komplett und sofort ein, noch werden wir Entwicklungsruinen hinterlassen."

Das BMZ werde auch weiterhin die Zivilgesellschaft in Nicaragua unterstützen - mit dem erklärten Ziel, wichtige Nichtregierungsorganisationen zu stärken, die eine aktive Rolle bei der Gestaltung demokratischer Alternativen einnehmen, kündigte das Ministerium an. Die bilaterale Zusammenarbeit werde auf den Schwerpunkt Wasser begrenzt - nämlich auf die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung. Diese Zusammenarbeit werde "wegen ihrer besonderen Nähe zur Zielgruppe und der Bedeutung für die Bekämpfung der Armut" fortgesetzt. Die bisherige Kooperation in den Schwerpunkten Gute Regierungsführung und Umwelt laufe dagegen bis Ende 2013 aus, es erfolgten keine weiteren bilateralen Zusagen. Die gesamten deutschen Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit mit Nicaragua lagen dem BMZ zufolge bei rund fünf Millionen Euro pro Jahr.

Mit der Kürzung der Mittel setze das BMZ im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt um, was bereits in den Regierungsverhandlungen im November 2010 gegenüber der nicaraguanischen Regierung angekündigt worden sei, erklärte das Entwicklungsministerium. Damals habe das BMZ festgehalten, dass die Entwicklungszusammenarbeit nur fortgesetzt werde, wenn die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im November 2011 fair und nach demokratisch-rechtstaatlichen Standards ablaufen und eine angemessene nationale und internationale Wahlbeobachtung ermöglicht wird.

"Tatsächlich aber stellten internationale Wahlbeobachter von EU und OAS erhebliche Mängel im Ablauf der Wahl und breite Räume für verdeckte Manipulation fest", konstatierte das BMZ. Die Chancengleichheit der Parteien und ihrer politischen Vertreter sei nicht gewährleistet gewesen. Bereits im Vorfeld der Wahlen habe es massive Unregelmäßigkeiten gegeben, etwa bei der Aufstellung des Wählerverzeichnisses. Die erneute Kandidatur von Präsident Ortega sei in jedem Fall als verfassungswidrig anzusehen.

Die entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Heike Hänsel, nannte die Maßnahme Niebels "heuchlerisch und inakzeptabel". "Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass Niebel die Entwicklungshilfe für Nicaragua mit dem Verweis auf nicht gegebene Erfolge in der Armutsbekämpfung und demokratische Defizite aufkündigt. Gleichzeitig wird in Honduras eine Regierung mit Entwicklungshilfe unterstützt, die durch Wahlen an die Macht kam, die von einer Putsch-Regierung durchgeführt wurden."

"Sicherlich gibt es in Nicaragua Demokratiedefizite, die ernst genommen werden müssen", kommentierte der grüne Entwicklungspolitiker Thilo Hoppe. "Eine Reaktion auf die Geschehnisse während der Wahlen und den autoritären Führungsstil Ortegas erscheint angemessen. Aber es gibt sehr gute Argumente gegen die Aufkündigung der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit. Zu diesem Zeitpunkt sollte vielmehr mit Hilfe der Entwicklungszusammenarbeit Druck ausgeübt und über geschickte Verhandlungsführung Anreize geschaffen werden. Nicaragua verfügt über eine wache und gut organisierte Zivilgesellschaft. Diese sollte jetzt zusätzlich zur Kooperation mit der Regierung besonders unterstützt werden. Dass gerade der Bereich 'Good Governance' beendet werden soll, erscheint angesichts der Demokratiedefizite wiedersinnig."

www.bmz.de

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