fst_portoalegrePorto Alegre. - Die Zivilgesellschaft der Welt will eine andere Rio+20 Konferenz als bislang von den Vereinten Nationen geplant. Beim Sozialforum im brasilianischen Porto Alegre forderten nichtstaatliche Organisationen, andere Schwerpunkte zu setzen und in der offiziellen Erklärung zu Rio+20 Themen wie Menschenrechte, Gerechtigkeit und kleinbäuerliche Landwirtschaft in den Vordergrund zu rücken.

"Die Vorbereitungen zur Rio+20-Konferenz stehen bislang unter einem ungünstigen Stern: dem der Green Economy", sagte Michael Frein, Nachhaltigkeitsexperte des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED). "Die Weltwirtschaft soll grüner, die natürlichen Ressourcen sollen effizienter genutzt werden, an der weltweiten Ungerechtigkeit soll sich aber anscheinend nichts ändern." Trotz heftiger Kritik der Aktivistinnen und Aktivisten sei dieser Ansatz inzwischen zum Fixstern der Regierungen für eine nachhaltige Entwicklung geworden.

Die Leitidee der "Green Economy" für die Rio-Konferenz müsse bereits jetzt als gescheitert gelten, betonte Jürgen Reichel, stellvertretender Vorsitzender des Verbandes Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO), der am Sozialforum in Porto Alegre teilnahm. "Umweltaktivisten und Menschenrechtler, Entwicklungsorganisationen und indigene Völker lehnen dieses Konzept mit Nachdruck ab. Sie sehen darin eine Umkehrung des Nachhaltigkeitsanliegens. Das Interesse der Wirtschaft, sich Ressourcen anzueignen, hat sich in den Vordergrund geschoben." Die Frage, wie stark man in die Natur eingreifen dürfe und wie soziale Entwicklung ermöglicht werde, sei in den Hintergrund gerückt.

"Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Schwellenland Brasilien berichten, was 'Green Economy' in ihrem Land bedeutet", so Reichel: "Ausweitung der Nutzflächen für exportorientierten Soja- und Zuckerrohranbau mit katastrophalen Folgen für Bodenqualität, Wasserhaushalt, das Klima und die kleinbäuerlichen Kulturen, die noch immer 70 Prozent der Lebensmittel im Land produzieren." Zudem begleite die brasilianische Regierung die Erschließung der neu gefundenen Ölfelder vor der Küste mit vagen Versprechen, Umweltauflagen zu erfüllen.

"Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt verstehen Green Economy als Unterwerfung der Politik unter die Interessen der Wirtschaft", betonte auch Michael Frein. "Sie leistet der Kommerzialisierung der Natur weiteren Vorschub, Menschenrechte, Armutsbekämpfung und Gerechtigkeit bleiben auf der Strecke."

Der bisherige Entwurf der Rio-Erklärung setzt aus der Sicht der nichtstaatlichen Organisationen nach wie vor auf Wirtschaftsliberalisierung und anhaltendes Wachstum als Motor jeglicher Entwicklung. "Die Macher des Entwurfs ignorieren, dass Liberalisierung und Wachsstumsfixierung vielen Menschen in Entwicklungsländern nicht geholfen hat. Die Schere zwischen den wenigen Reichen und den vielen Armen in den Ländern des Südens geht so weiter auseinander", sagte Frein. Mit den alten Werkzeugen könne man den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht erfolgreich begegnen.

Die in Porto Alegre versammelten Aktivistinnen und Aktivisten fordern daher neue Lösungen. "Gemeinsam setzen wir uns für eine neue Rio-Erklärung ein", so Jürgen Reichel, Mitglied des internationalen Rates des Weltsozialforums. "Unsere brasilianischen Partnerinnen und Partnern laden dazu Menschen aus aller Welt ein, für ein anderes und besseres Rio+20 zu kämpfen. Die Nachricht des Forums aus Porto Alegre ist, dass die UN und die Regierungen der Welt nicht länger die Meinung der betroffenen Menschen ignorieren können."

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