kakao_100Berlin. - Mehr als elf Prozent der weltweiten Kakaoernte wird in Deutschland verarbeitet. Beim Anbau des Rohstoffes spielt jedoch Kinderarbeit noch immer eine große Rolle. In Berlin ist deshalb am Mittwoch das "Forum Nachhaltiger Kakao" gegründet worden. Nichtstaatliche Organisationen und Gewerkschaften hatten seit Jahren gefordert, dass sich alle Beteiligten zusammenschließen, um die Situation der Kakaobauern zu verbessern.

Die Bundesregierung hatte alle relevanten Akteure aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Entwicklungszusammenarbeit an einen Tisch geholt, um die Situation für Kleinbauern in den Anbauländern dauerhaft und wirksam zu verbessern. Mit der Gründung des "Forums Nachhaltiger Kakao" sollen die vielen Einzelprojekte miteinander vernetzt und eine sektorweite Zusammenarbeit etabliert werden.

Ziel der breit angelegten Initiative ist es nach Angaben des BMZ, den Anteil nachhaltig erzeugten Kakaos in Zusammenarbeit mit den Partnerländern deutlich zu erhöhen. Dies soll langfristig durch möglichst flächendeckende Schulungsangebote zu nachhaltigen Produktionsmethoden in den Anbauländern erreicht werden.

Ein Sekretariat bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) wird die Aktivitäten des Forums koordinieren und die Akteure in Deutschland mit denen der Produzentenländer - vor allem Côte d'Ivoire und Ghana - und mit anderen internationalen Stellen vernetzen. Das Forum wird in den ersten zwei Jahren von Bundesregierung und Wirtschaft, namentlich dem Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) und dem Lebensmitteleinzelhandel, vertreten durch den Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVL), finanziert.

Anlässlich des Gründungstreffens am Mittwoch in Berlin erklärte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU): "Als weltweit zweitgrößter Verarbeiter von Rohkakao und Kakaohalbfertigprodukten hat Deutschland eine besondere Verantwortung, sich für nachhaltige Produktionsstandards einzusetzen. Ich freue mich, dass die deutschen Verarbeiter bei ihrer Produktion in Zukunft den Anteil von Kakao aus nachhaltigem Anbau deutlich steigern wollen. Das ist eine wichtige Weichenstellung, von der die Menschen in den Anbauländern profitieren werden - aber wir dürfen hier nicht stehen bleiben: Alle wichtigen Akteure im Kakaosektor haben sich heute bereit erklärt, ihre bisherigen Aktivitäten im Rahmen des Forums zu bündeln und ihre Erfahrungen in den weiteren Prozess einzubringen. Mit ihrem verstärkten Engagement gehen die Hersteller auch auf die Wünsche ihrer Kunden ein. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher werden soziale und ökologische Fragen immer wichtiger."

"Wir sind uns einig: Die Verbreitung nachhaltiger und produktiver Anbaumethoden ist ein entscheidender Hebel zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Kakaobauern", sagte Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP). "Nur ein angemessenes Einkommen kann auch die Kinderarbeit in diesem Bereich deutlich reduzieren, den Kindern eine Schulausbildung und medizinische Versorgung gewährleisten. Gleichzeitig profitieren aber auch die Abnehmer von einer nachhaltigen Kakaoproduktion: Die Nachfrage nach hochwertigem Kakao steigt, für die Süßwarenindustrie geht es also auch darum, ihre Rohstoffversorgung zu sichern und mangelnde Erträge, schlechte Produktionsmethoden oder hohe Nachernteverluste zu verhindern. Damit bietet das Kakaoforum Chancen für beide Seiten - für Erzeuger und Abnehmer."

Kakao ist eines der wichtigsten Agrarhandelsgüter weltweit und die Einkommensgrundlage für 40 bis 50 Millionen Menschen. Rund 58 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion von ca. 4,3 Millionen Tonnen wird nach Angaben des BMZ nach Europa importiert. Über elf Prozent der Weltkakaoernte wird allein in Deutschland verarbeitet. Die landwirtschaftliche Produktion erfolgt in West- und Zentralafrika, Mittelamerika und Ostasien. Dabei sind die Elfenbeinküste und Ghana mit ca. 59 Prozent der Weltproduktion die größten Erzeugerländer für Rohkakao. Der Kakaoexport im Jahr 2007 machte jeweils ein Viertel ihrer gesamten Exporterträge aus.

Der Kakaoanbau wird zu 90 bis 95 Prozent durch Kleinbauern betrieben - auf Flächen zwischen ein bis drei Hektar Größe, so das BMZ. Kakao ist oftmals die einzige Einnahmequelle dieser Familienbetriebe. Die überwiegende Mehrheit der Kakaobauern lebt in abgelegenen Gebieten. Schlechte Infrastruktur und kleinbäuerliche Organisation machen für sie den Zugang zu technischer Beratung, Betriebsmitteln und Finanzdienstleistungen aufwändig und teuer. Derzeit werden nur etwa 30 bis 50 Prozent der Ertragspotenziale der lokalen Kakaosorten ausgeschöpft. Grund dafür sind fehlendes Know-how der Bauern und mangelnde Anreize für Investitionen. Die Mehrheit der Kakaobauern und ihrer Familienmitglieder lebt unterhalb der Armutsgrenze von zwei US-Dollar pro Tag und Person.

Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften hatten seit mehreren Jahren gefordert, dass sich alle Beteiligten der Wertschöpfungskette von Kakao zusammenschließen und gemeinsam dazu beitragen, die Situation der Kakaobauern zu verbessern. Vor diesem Hintergrund begrüßte das Forschungsinstitut SÜDWIND, dass im "Forum Nachhaltiger Kakao" Verarbeiter der Kakaobohnen, Hersteller von Schokolade, Einzelhändler, Zertifizierungsorganisationen, Entwicklungshilfeorganisationen, Vertreter des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher gemeinsam nach Wegen suchen, die Situation in den Anbauländern zu verbessern.

"Es ist zu hoffen, dass das Forum ergebnisorientiert arbeitet und binnen kurzer Zeit einen Rahmen dafür festlegt, dass die deutsche Industrie Verbesserungen in den Anbaugebieten umsetzt. Angesichts der gravierenden Missstände in den Anbauländern muss schnell gehandelt werden", sagte Friedel Hütz-Adams, Kakaoexperte bei SÜDWIND.

Derzeit sind SÜDWIND zufolge die Einnahmen aus dem Anbau von Kakao so gering, dass viele Kakaobauern kein menschenwürdiges Leben führen können. Besonders schlecht ist die Situation in den Anbaugebieten Westafrikas, von wo 90% des in Deutschland verbrauchten Kakaos stammt. Die Armut der Bauern hat dazu geführt, dass aktuellen Studien zufolge allein in Ghana und der Elfenbeinküste jeweils mehr als 250.000 Kinder auf Kakaoplantagen arbeiten. Diese Arbeit ist in vielen Fällen gesundheitsgefährdend und verhindert den Schulbesuch der Kinder, was sowohl nach internationalen Abkommen als auch nach den nationalen Gesetzen in den Anbauländern verboten ist.

www.bmz.de
www.suedwind-institut.de

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