misereorHamburg. - Anlässlich des Gipfels zur Energiewende im Bundeskanzleramt am Dienstag hat Misereor-Bischof Werner Thissen die Bundesregierung aufgefordert, sich für die Abschaffung der Beimischungsquote für Biosprit einzusetzen. "Angesichts der steigenden Weltmarktpreise für Nahrungsmittel muss das Thema E10 auch im Kanzleramt auf den Tisch. Die EU-Staaten sollten den Beimischungszwang abschaffen."

"Die Energiewende und der Klimaschutz in Deutschland sind ein Gebot der globalen Gerechtigkeit. Ich begrüße sehr, dass diskutiert wird, wie negative Auswirkungen auf deutsche Geringverdiener verhindert werden können. Wir müssen aber auch global denken und die Menschen im Blick haben, denen eine verfehlte Biospritpolitik die Lebensgrundlage raubt", sagte Thissen.

Die steigenden Weltmarktpreise für Grundnahrungsmittel zeigen nach den Worten des Bischofs, dass die EU bei der Einführung ihrer Biosprit-Gesetzgebung im Rahmen der Erneuerbaren Energie Richtlinie (Renewable Energy Directive) von falschen Annahmen ausgegangen ist. Die Richtlinie sieht eine wachsende Beimischungsquote von Agrartreibstoffen für das in Europa genutzte Benzin vor.

"Die Zeiten der sinkenden Weltmarktpreise für Nahrungsmittel sind aber vorbei. Während nun die Preise erneut sprunghaft ansteigen, saugt die Beimischung von Biotreibstoff ungebrochen die Getreidereserven auf", so Thissen. Untersuchungen belegten zudem, dass der durch die Politik geschaffene Absatzmarkt für Biosprit in vielen Ländern des Südens zu einer großflächigen Verdrängung von kleinbäuerlichen Produzenten führe. Damit sei die Ernährungssicherheit in vielen Regionen gefährdet.

"Viele Menschen im Süden leiden doppelt: Sie sind stark von den Folgen des Klimawandels betroffen und nun auch noch von einer verfehlten Klimapolitik, wozu die Beimischungsquoten gehören", kritisierte der Hamburger Erzbischof. "Ihre Zukunft hängt aber von mutigen Klimaschutzkonzepten ab. Solche umfassen sicherlich auch die Nutzung von Bioenergie. Aber besonders in der Verkehrspolitik müssen wir andere Wege gehen. Es ist absurd, wenn jede Autofahrt auf unseren Straßen ein Stück weit zum Hunger in der Welt beiträgt, gerade vor dem Hintergrund, dass der Klimaschutznutzen von Biokraftstoff nach wie vor sehr umstritten ist."

Deutschland brauche ein verbindliches Klimaschutzziel für den Verkehrssektor und eine verbesserte Finanzierung von öffentlichen Bussen und Bahnen, so Thissen. Kreative Lösungen zur Reduzierung des Verkehrs seien ebenso gefragt wie ambitionierte CO2-Obergrenzen für Pkw und Lkw. "Die Politikbereiche Energie und Nahrung können nicht voneinander getrennt werden. Dies hat auch die Bundesregierung in den letzten Monaten immer wieder betont. Sie sollte ihren Worten nun Taten folgen lassen und die Welternährung auch in der Energiepolitik mit einkalkulieren", sagte der Misereor-Bischof.

www.misereor.de

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