Berlin. - Der Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft des Europäischen Parlaments (ECON) hat über einen ersten Entwurf zur Finanzmarkt-Regulierung (MiFID) entschieden. Er soll die Spekulation mit Nahrungsmitteln begrenzen. Nichtstaatliche Organisationen begrüßen den Schritt, sehen aber noch zahlreiche Schlupflöcher für Hedgefonds und andere Anleger, die Spekulation mit Nahrungsmitteln fortzusetzen und so die Explosion der Lebensmittelpreise weiter anzuheizen.
"Die Einführung von verbindlichen Positionslimits bei Nahrungsmitteln ist ein wichtiger erster Schritt", sagte David Hachfeld, Handelsexperte bei Oxfam. "Der Beschluss des Wirtschaftsausschusses des Parlaments verbessert den Regulierungsvorschlag der EU-Kommission. Das Parlament hat dem Druck von Banken und Finanzlobby standgehalten. Einige Schlupflöcher müssen aber noch geschlossen werden, damit exzessive Spekulation nicht über neue Wege weitergehen kann. Angesichts fast einer Milliarde hungernder Menschen ist es völlig verantwortungslos auf Preise für Nahrungsmittel zu wetten."
Doch die gesetzten Positionslimits sind nach Ansicht von Oxfam nicht ausreichend. Sie beschränken nicht die Anzahl der gehandelten Verträge, sondern lediglich die Netto-Positionen am Ende eines Handelstages. Hedgefonds und andere Spekulanten setzen jedoch riesige Summen auf kurzfristige Preisschwünge. Sie wechseln ihre Positionen mehrmals innerhalb eines einzigen Handelstages, so Oxfam, und heizen damit die Berg- und Talfahrt der Preise für Nahrungsmittel an. Diese Geschäfte könnten ungehindert weiterlaufen, zum Leidwesen all jener, die die Börse zur Absicherung von realen Geschäften nutzen wollen.
Die drei Organisationen WEED, Attac und Campact erklärten, der ECON habe sich nicht konsequent gegen die preistreibende Spekulation mit Nahrungsmitteln eingesetzt. "Der Ausschuss hat sich im Rahmen der Reform nicht wirklich für eine strenge Regulierung der Warenterminbörsen ausgesprochen", stellte Markus Henn von WEED fest. "Agrarrohstoff-Märkte sind kein Spielplatz für Spekulanten. Die Überarbeitung der MiFID bietet die Chance, Investmentfonds von Geschäften an Agrarterminbörsen auszuschließen. Diese Chance darf nicht ungenutzt verstreichen."
Die drei Organisationen begrüßten zwar, dass der Beschluss Positionslimits für Spekulanten und Maßnahmen gegen preisverzerrende Positionen vorsieht. "Aber es gibt noch immer große Schlupflöcher für exzessive Spekulation. Gerade während der momentanen Preisexplosion der Lebensmittelpreise ist es nicht nachvollziehbar, warum die Beschlüsse so schwach ausfallen", sagte Jutta Sundermann von Attac. So gelten die Positionslimits nicht klar für alle Handelsmonate, auch der außerbörsliche Markt sei nicht ausreichend umfasst. Zudem solle es keine zwingenden Grenzen für Klassen von Händlern wie zum Beispiel Indexfonds geben.
Astrid Goltz von Campact ergänzte: "Bei Verboten bestimmter Finanzprodukte, die auf Rohstoffpreise wetten, ist das Parlament am Ende völlig eingeknickt. Vorschläge für Verbote, die auf dem Tisch lagen, sind nicht aufgegriffen worden." Stattdessen gebe es nun nur einen schwachen Auftrag an die Wertpapierbehörde, diese Produkte besonders genau zu beobachten. Das bedeute, dass so gut wie nichts passieren werde.
Um die Finanzspekulation mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen kontrollieren und eindämmen zu können, müsse der Gesetzesvorschlag in den so genannten Trilog-Verhandlungen mit dem Rat nachgebessert werden, fordern die Organisationen. Das bedeute auch, dass die positiven Aspekte des Parlamentsbeschlusses gegenüber dem Rat aufrechterhalten werden müssten.
Auch der Rat der Europäischen Union verhandelt über MiFID. Dazu treffen sich die Finanzminister der EU voraussichtlich am 13. November. Danach werden Rat und Europäisches Parlament über das finale Gesetz zur Finanzmarktregulierung entscheiden.
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