mfmBerlin. - Das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) sieht keinen Anlass, Menschen für Menschen das DZI-Spendensiegel abzuerkennen. Das gab das DZI am Mittwoch als Ergebnis einer Sonderprüfung bei der Stiftung Menschen für Menschen (MfM) bekannt. Die Sonderprüfung war eingeleitet worden, nachdem sich ein ehemaliger Spender der Stiftung im Februar mit Vorwürfen an das Institut gewandt hatte.

"Die Stiftung Menschen für Menschen, die Mitarbeiter, die Gremien und der Vorstand sind dem DZI dankbar für die genaue Überprüfung und die konstruktiven Vorschläge zur weiteren Optimierung unserer Arbeit und Transparenz. Erste Schritte wurden bereits eingeleitet, und wir werden gemeinsam mit dem DZI diesen Weg gehen", erklärte Almaz Böhm, die Vorsitzende des Vorstands der Stiftung, am Mittwoch in Berlin.

Die massiven Vorwürfe des ehemaligen Großspenders Jürgen Wagentrotz, eines ehemaligen Kuratoriumsmitglieds der Stiftung "Menschen für Menschen", waren von der Stiftung von Anfang an zurückgewiesen worden. Unter anderem hatte Wagentrotz erklärt, die Vorsitzende und Ehefrau des MfM-Gründers Karlheinz Böhm, Almaz Böhm, erwecke den Eindruck, ehrenamtlich zu arbeiten. Auf der Website spendenskandal.com schreibt Wagentrotz: "Rund 114.000 Euro erhält Almaz Böhm jährlich für den Vorsitz der Organisation 'Menschen für Menschen', wie auch eigenen Aussagen der Hilfsorganisation in Medienberichten zu entnehmen ist – und das allein aus Deutschland und Österreich. Geld, mit dem man beispielsweise die Grundschulbildung von 3.500 Kindern in Äthiopien finanzieren könnte."

Das DZI erklärte, ihm sei die Höhe der Gesamtvergütung bekannt: "Die Höhe der Vergütung liegt nach Einschätzung des DZI in Anbetracht der Größe der Organisation und des Verantwortungsumfangs im branchenüblichen Rahmen und ist insofern auch im Sinne der Spenden-Siegel-Leitlinien nicht zu beanstanden."

Das DZI erklärte nach der Sonderprüfung, es sehe "keine Veranlassung, der Stiftung das DZI Spenden-Siegel abzuerkennen. Das DZI halte aber "in einigen Punkten Verbesserungen hinsichtlich der Organisationsstruktur und der Arbeitsweise für erforderlich, deren Umsetzung es bei seinen jährlichen turnusmäßigen Prüfungen kontrollieren wird." Wagentrotz hatte dem DZI im Rahmen der Sonderprüfung umfangreiche Unterlagen aus den Jahren seiner aktiven Unterstützung der Stiftung zugänglich gemacht.

DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke fasste das Ergebnis der Sonderprüfung wie folgt zusammen: "Die Stiftung Menschen für Menschen verdient aus unserer Sicht weiter das Vertrauen der Spenderinnen und Spender und das DZI Spenden-Siegel. Im langjährigen Umgang mit dem früheren Großspender, der sich nun mit großer Wucht als Kritiker gegen die Stiftung stellt, und mit seinen beträchtlichen Unterstützungsleistungen haben Geschäftsführung, Vorstand und Stiftungsrat allerdings Schwächen in der Wahrnehmung ihrer Leitungs- und Aufsichtsverantwortung gezeigt, die durch entsprechende Verbesserungen in den Strukturen und Prozessen der Stiftung für die Zukunft behoben werden müssen. Das DZI hat neben inhaltlich begrenzten Unzulänglichkeiten in der buchhalterischen Abwicklung der langjährigen Unterstützung auch in einzelnen Bereichen der konkreten Programmarbeit gewisses Verbesserungspotential festgestellt, sieht aber die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und bestmögliche Wirksamkeit der Stiftungsarbeit in allen wesentlichen Belangen bestätigt."

Die Spenderberatung des DZI hatte sich eigenen Angaben zufolge bei der Sonderprüfung insbesondere mit den Vorwürfen der angeblichen "Bilanzfälschung" und der Manipulation bzw. Verschleierung von Werbe- und Verwaltungsausgaben, der wirtschaftlichen und wirksamen Realisierung von Schulbauten und weiteren Projekten in Äthiopien, der Angemessenheit der Rücklagen sowie der Höhe und Transparenz der Vergütung der Stiftungsvorsitzenden Almaz Böhm befasst. Den Vorwurf der Bilanzfälschung sieht das DZI ebenso wie den Vorwurf der Manipulation als entkräftet an. Auch den Vorwurf der Verschwendung von Spendengeldern beim Schulneubau sieht das DZI nicht bestätigt. Und der Vorwurf des "Hortens von Spenden" ist nach Auffassung des DZI "sachlich unbegründet".

Menschen für Menschen wies am Mittwoch darauf hin, man habe seit der Übergabe des Vorsitzes von Karlheinz Böhm an Almaz Böhm im November 2011 "erste Schritte" zur Verbesserung der Struktur eingeleitet. So habe man einen Compliance-Beauftragten für Deutschland und Äthiopien eingerichtet, beim TÜV Rheinland ein Gutachten zu Schulbaumaßnahmen in Äthiopien in Auftrag gegeben und die renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit einem Gutachten beauftragt, um "die Rechtmäßigkeit unserer Bilanz und Buchhaltung zu untersuchen".

Menschen für Menschen hat nach eigenen Angaben zudem den Wirtschaftsprüfer gewechselt, eine Personalberatung damit beauftragt, ein weiteres hauptamtliches Vorstandsmitglied zu suchen, und eine Transparenzkommission installiert. "Manche dieser vielfältigen Maßnahmen sind notwendig gewesen, um den Vorwürfen des Großspenders zu begegnen", sagte Herman Orgeldinger, Vorstandssprecher der Stiftung. "Zudem muss sich jede Organisation permanent hinterfragen und neu aufstellen. Wir, die wir bereits mit Karlheinz Böhm gemeinsam die Verantwortung getragen haben, stehen vor der großen Aufgabe, sein Lebenswerk zu bewahren und weiterzuführen."

Vor 32 Jahren hatte der ehemalige Schauspieler seinen Beruf aufgegeben, um den Menschen in Äthiopien zu helfen. 326 Schulen, 86 Krankenstationen und 14 Polikliniken wurden seither neu gebaut oder erweitert, 1.733 Brunnen und drei Krankenhäuser errichtet und gemeinsam mit der äthiopischen Bevölkerung über 127 Millionen Baumsetzlinge produziert und zur Pflanzung ausgegeben, so die MfM-Bilanz. Bislang hätten durch die Arbeit der Stiftung die Lebensumstände von rund 4,9 Mio. Menschen in zwölf Integrierten Ländlichen Entwicklungsprojekten verbessert werden können.

www.dzi.de
www.menschenfuermenschen.de
http://spendenskandal.com

 


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