Palmölkerne. Foto: Bremen Yong, RSPOBerlin. - In Berlin treffen sich derzeit Vertreter aus Industrie, nichtstaatlilchen Organisationen und Verbänden. Am Montag gründeten sie das "Forum Nachhaltiges Palmöl" (FONAP), das sich für eine nachhaltigere Produktion von Palm(kern)öl in den Anbauländern einsetzen soll. Neben Unternehmen zählt der WWF zu den Initiatoren des Forums, das von Entwicklungs-Organisation teilweise sehr kritisch gesehen wird. Demonstranten reinigten die Gehsteige des Tagungsortes, wo am Dienstag der Europagipfel des Runden Tisches für nachhaltiges Palmöl (RSPO) stattfindet.

Ziel des Forums Nachhaltiges Palmöl ist es nach Angaben des FONAP-Sekretariats, das bei der GIZ in Bonn angesiedelt ist, "den Anteil von segregiertem, zertifiziertem Palmöl aus nachhaltiger Produktion im deutschen, österreichischen und Schweizer Markt signifikant zu erhöhen und möglichst schnell 100% zertifiziertes Palmöl für diese Märkte verfügbar zu machen".

Das FONAP geht aus einer Initiative der Unternehmen Henkel, REWE Group und Unilever sowie dem WWF hervor und wird vom Bundesministerium für Ernährung, Verbraucherschutz und Landwirtschaft (BMELV) finanziell gefördert. Neben Wirtschaft und Handel werde auch die Zivilgesellschaft über Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Verbände und Kirchen vertreten sein, so das Sekretariat.

Die Mitglieder des Forum Nachhaltiges Palmöl verpflichten sich öffentlich, spätestens ab Ende 2014 nur noch zertifiziertes, nachhaltig produziertes Palmöl zu verwenden bzw. Inhaltsstoffe auf Basis von Palmkernöl durch entsprechende Zertifikate abzudecken. Durch diese und weiterführende Aktivitäten sollen möglichst bald 100% segregiertes und zertifiziertes Palm(kern)öl sowie entsprechende Derivate verfügbar sein.

Die Hauptaufgaben des Forum Nachhaltiges Palmöl sind die Information der Öffentlichkeit zum Thema nachhaltigeres Palm(kern)öl, die Erarbeitung von tragfähigen Lösungen für die schnellstmögliche Bereitstellung und Nutzung von 100% zertifiziertem Palmöl, die Erarbeitung von Vorschlägen zur Verbesserung der bestehenden Zertifizierungssysteme und die Schaffung von Transparenz bei den Einsatzmengen von Palmöl in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

"Nur durch ein abgestimmtes und sektorales Vorgehen, so wie es das Forum Nachhaltiges Palmöl vorsieht, können die vielfältigen Probleme des Palmölanbaus gelöst werden. Eine der wichtigsten Herausforderungen wird es sein, die Nachfrage an zertifiziertem Palmöl massiv zu steigern, damit im nächsten Schritt bestehende Zertifizierungssysteme um strengere Kriterien ergänzt werden können", sagte Daniel May, vom Sekretariat des Forum Nachhaltiges Palmöl, im Vorfeld der Veranstaltung.

Das Ziel der massiven Steigerung des Palmöl-Einsatzes wird von entwicklungspolitischen NGOs teilweise sehr kritisch gesehen. Dem Europagipfel des so genannten "Runden Tisches für Nachhaltiges Palmöl (RSPO)" am 3. September in Berlin setzten Brot für die Welt, die Vereinigte Evangelische Mission und Watch Indonesia am Vorabend (ebenfalls in Berlin) eine Diskussionsveranstaltung mit dem Titel "Außer Kontrolle? Palmölanbau in Indonesien" entgegen.

"Unsere Partnerorganisationen in Indonesien weisen seit vielen Jahren auf die problematischen Arbeitsbedingungen, die Menschenrechtsverletzungen und die Umweltschäden durch die Palmöl-Plantagen hin", erklärten die NGOs Anfang August. "Sie kämpfen gegen die Ausdehnung der Ölpalmplantagen und die Anlage von neuen Pflanzungen. Denn unvermindert werden Millionen Hektar von Regenwald abgeholzt und Menschen von ihrem Land vertrieben."

Die freiwillige Zertifizierung der Wirtschaft im Rahmen des RSPO halten viele NGOs für nicht ausreichend, die Missstände zu beenden. Die Welthungerhilfe kritisierte im Juni, die hochgesteckten Biokraftstoff-Ziele der EU hätten in den letzten Jahren den Kampf gegen den Hunger massiv erschwert. Die Biokraftstoff-Politik habe zu höheren Nahrungsmittelpreisen, Landraub und Nahrungsmittel-Engpässen beigetragen und kaum einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Es sei höchste Zeit, dass auf EU-Ebene Kurskorrekturen bei Biokraftstoff-Nutzung vorgenommen werden.

Palmöl, eines der weltweit wichtigsten Pflanzenöle, ist in zahlreichen Konsumgütern enthalten, vor allem in Lebensmitteln. Zudem fällt bei der Gewinnung von Palmöl aus der Frucht der Ölpalme auch Palmkernöl an, das rund zehn Prozent der Gesamtmenge des Öls aus der Palme ausmacht. Dieses Öl aus den Palmkernen ist ein wichtiger Rohstoff für die Herstellung von Tensiden, den waschaktiven Substanzen in Wasch- und Reinigungsmitteln.

Palmölplantage. Foto: Dr Asril Darussamin, RSPO

Darüber hinaus wird Palmöl auch als Treib- oder Brennstoff verwendet. Der Anbau der Ölpalme stehe jedoch oft in der Kritik, räumt das FONAP-Sekretariat ein, da mit der Produktion von Palmöl immer noch negative Auswirkungen wie die Rodung von Regenwäldern, der Anbau auf Torfböden mit der Freisetzung großer Mengen CO2, sowie die Vertreibung von indigenen Bevölkerungsgruppen einhergehen.

Aufgrund dieser weltweiten Kritik an manchen Praktiken im Palmölanbau haben sich in den vergangenen Jahren verschiedene Zertifizierungssysteme (u. a. RSPO - Roundtable on Sustainable Palm Oil, Rainforest Alliance, ISCC - International Sustainability & Carbon Certification) entwickelt, um den Anbau von Ölpalmen nachhaltiger zu gestalten. Diese Zertifizierungssysteme tragen laut FONAP zu einer nachhaltigeren Produktion bei, da der Erlös für die Plantagenbetreiber einen ökonomischen Anreiz zur nachhaltigeren Palmölwirtschaft darstelle. Mehr und mehr Unternehmen setzten in ihrer Produktion daher segregiertes, zertifiziertes Palmöl ein.

Für Hersteller, die Tenside auf Basis von Palmkernöl verwenden (indirekte Nutzung), ist die Abdeckung durch Zertifikate eine Option, bis die endgültige Umstellung der Tensidproduktion auf zertifiziertes Palmkernöl erfolgt ist. Einig sind sich die Initiativpartner des Forum Nachhaltiges Palmöl, dass die definierten Standards weiterentwickelt und ergänzt werden sollen. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH betreibt im Auftrag des BMELV sowie von Henkel, Unilever und der REWE Group das Sekretariat des Forum Nachhaltiges Palmöl, das die Arbeit des Forums koordiniert und unterstützt.

"REINES GREENWASHING"

AktivistInnen von Rettet den Regenwald, der Gesellschaft für bedrohte Völker, Robin Wood, Urgewald und Watch Indonesia! reinigen am Dienstag die Gehsteige vor den Tagungsorten der "Lobbyisten der Palmölindustrie" in Berlin. Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen protestieren mit ihrer Aktion gegen die Gründung des Forums für nachhaltiges Palmöl und gegen das Europatreffen des Runden Tisches für nachhaltiges Palmöl (RSPO).

Beide Treffen sind für die fünf Organisationen "reines Greenwashing" und bringen keinerlei Fortschritte im Kampf gegen den Raubbau für Palmöl. Statt "weiterer Öko-Märchen über angeblich nachhaltiges Palmöl" fordern sie von Wirtschaft und Politik, die Palmöl-Importe zu stoppen. "Die VerbraucherInnen in Europa wollten kein Palmöl aus Regenwaldvernichtung und Menschenrechtsverletzung."

"Mit immer neuen Werbetricks und scheinheiligen PR-Veranstaltungen versucht die Palmölindustrie, den Etikettenschwindel und Verbraucherbetrug zu kaschieren", sagte Renate Vollbracht von Rettet den Regenwald. Stefanie Hess von Robin Wood erklärte: "Die riesigen Palmölmonokulturen sind weder für die Umwelt noch für die Menschen verträglich. Selbst zertifiziertes Palmöl ist nicht grün. Auch daran klebt Blut aus dem Raubbau an Mensch und Natur."



Mit der GIZ lasse sich jetzt die Bundesregierung "vor den Karren der Palmölindustrie spannen", kritsieren die NGOs. Menschenrechtsverletzungen seien in Indonesien und Malaysia, auf die 90 Prozent der weltweiten Produktion des tropischen Öls entfallen, untrennbar mit Palmöl verbunden. Die Menschenrechtsrichtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit gelte auch für die GIZ. "Sie sollte es also besser wissen", so Knud Vöcking von Urgewald.

"Die Einwohner in Indonesien werden für die industriellen Ölpalmmonokulturen von ihrem Land vertrieben. Statt sich mit der Palmölindustrie zusammenzutun, sollte die GIZ den Menschen helfen, das geraubte Land wieder zurückzuerlangen", forderte Marianne Klute von Watch Indonesia!. Bundesregierung und EU förderten den Einsatz von Palmöl für so genannten Biodiesel und hätten dazu das RSPO-Label anerkannt. Deshab würden schon jetzt 1,9 Millionen Tonnen Palmöl pro Jahr Treibstoffen zugemischt.

Fotos: © Bremen Yong, RSPO; Dr Asril Darussamin, RSPO - E. Sanz, ROBIN WOOD


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