fatal transactionsBerlin. - Die amtierende schwarz-gelbe Bundesregierung verletzt die Rechte von Staaten wie Afghanistan, Pakistan oder Jemen, indem sie Daten aus sogenannten "Krisengebieten" an die US-amerikanischen Geheimdienste weitergibt oder dies zulässt. Das hat Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin zugegeben. Friedrich ordnete diesem Sachverhalt die 500 Millionen Datensätze zu, die laut US-"Whistleblower" Edward Snowden monatlich vom Bundesnachrichtendienst (BND) an die National Security Agency (NSA) übermittelt wurden oder noch immer werden. Der CSU-Minister, der Kritiker des US-Spähprogramms "naiv" genannt hatte, wird aufgrund des Abhörens des Mobiltelefons von Bundeskanzlerin Merkel nun selbst beschuldigt, naiv und unfähig zu sein.

Im Morgenmagazin sagte Friedrich, "unakzeptabel wäre, wenn deutsches Recht auf deutschem Boden" verletzt würde. Offenbar findet Friedrich es aber akzeptabel, wenn afghanisches Recht auf afghanischem Boden oder pakistanisches Recht auf pakistanischem Boden durch deutsche Dienststellen verletzt wird. Es ist diese Doppelmoral, die Gesprächspartner in Entwicklungsländern sehr häufig kritisieren.

Allein schon aus diesem Grund müsste Friedrich zurücktreten. Denn nach internationalem Recht ist es auch der deutschen Bundesregierung nicht erlaubt, die Rechte der Bürger anderer Staaten zu verletzen. Dass dies in massivem Ausmaß geschieht, zieht allerdings keine Rücktrittsforderungen nach sich, da es sich ja "nur" um sogenannte "Kriesengebiete" oder "failed states" handelt. Wir erinnern uns: Wissenschaftsministerin Annette Schavan (CDU) ist wegen einer angeblich in Teilen abgeschriebenen und Jahrzehnte zurückliegenden Doktorarbeit zurückgetreten.

Es ist diese Doppelmoral, mit der der Terrorismus erst herangezüchtet wird, den die USA und ihre Verbündeten dann bekämpfen können. Vielleicht ist es mangelndes Verständnis des Weltgeschehens, das man Politikern aus der bayerischen Provinz nachsehen muss. Vielleicht ist mangelndes Einfühlungsvermögen in das Gerechtigkeitsempfinden afrikanischer oder lateinamerikanischer Bürger und Politiker und Wirtschaftsexperten. Vielleicht ist es auch gewollt, weil man nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Wegfall des real existierenden Feindbildes ein neues braucht - den internationalen Terrorismus.  

Als Innenminister ist der CSU-Politiker für die Sicherheit der Bürger dieses Landes verantwortlich - ebenso wie Kanzleramtsminister Pofalla (CDU) übrigens, der die Arbeit der deutschen Geheimdienste koordinieren soll. Pofalla hatte die Geheimdienstaffäre bereits für beendet erklärt. Friedrich sagte nun im Morgenmagazin, diese Aussage Pofallas habe sich lediglich auf die 500 Millionen Datensätze bezogen. Damit bekräftigte er, dass es aus seiner Sicht in Ordnung ist, wenn deutsche Beamte in Ländern wie Afghanistan, Pakistan, Jemen oder Somalia die geltenden Rechte der Bürger dieser Länder verletzten und jeden Menschen unter den Generalverdacht des Terrorismus sezten.

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Warum sollten die Länder des Südens sich an internationales Recht halten, wenn die angeblich so demokratische und freiheitsliebende US-Regierung und das verbündete Deutschland es nicht tun? In Ländern wie Brasilien oder Venezuela regt sich auch in der Zivilgesellschaft massiver Protest gegen Pläne der Industriestaaten, den gesamten Amazonas als "Welterbe der Menschheit" zu betrachten und unter Naturschutz zu stellen. Dabei haben die Industrieländer ihren wirtschaftlichen Aufstieg mit der Abholzung ihrer Naturwälder erkauft. Die afrikanische Union hat beschlossen, dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag den Rücken zu kehren (dessen Geltung die USA nie anerkannt haben) und für die afrikanischen Staatschefs Immunität zu verlangen.

Dieses Vorgehen der sogenannten Entwicklungsländer ist völlig in Ordnung. Es muss Schluss sein mit den "double standards" der Industrieländer. Die Weltbank und der Internationale Währungfonds geben Entwicklungsländern keine Kredite, wenn diese ihre Bauern mit Zöllen gegen die Billig-Konkurrenz aus den Industriestaaten schützen. Die USA, Japan und die Staaten der EU dürfen hingegen hunderte Milliarden Euro für Agrarsubventionen ausgeben.

Auf der gegenwärtig in Berlin tagenden "Global Soil Week" erklärte einer der lateinamerikanischen Teilnehmer der Konferenz, man lasse sich vom "Westen" nicht mehr vorschreiben, welche Agrarflächen wirtschaftlich genutzt werden dürfen und welche als "gobale Güter" zu betrachten seien. Auch afrikanische Delegierte sind wütend über die "Anmaßung", die von den von reichen westlichen Geldgebern finanzierten internationalen Agrarforschungsinstituten und Einrichtungen wie dem IFAD (International Fund for Agricultural Development) ausgeht. Diese fördern die Inwertsetzung der Agrarflächen, die Milliarden Menschen im Süden ernähren. Das Ergebnis sind Monokulturen, die für den "Weltmarkt" (zum Wohle der Agrarfabriken, Pestizidhersteller und Düngemittelkonzerne des Nordens) produzieren.

Friedrich hat mit seinem Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Er scheint jedoch nicht einmal in der Lage, Schaden von der Kanzlerin abzuwenden. Er sollte die Konsequenzen ziehen.

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