evb Zürich. - Die der Erklärung von Bern (EvB) hat einen neuen Report veröffentlicht, in dem die "dunklen Geschäfte" Schweizer Rohstoffhändler in Nigeria angeprangert werden. "Durch riesige Ölexporte weit unter Marktpreis und systematischen Subventionsbetrug beim Import raffinierter Erdölprodukte entgehen Nigeria jährlich Milliardenbeträge", kritisierte die EvB am Montag in Zürich.

"Dank undurchsichtiger Joint Ventures mit dem staatlichen Ölkonzern profitieren wohl auch die marktdominanten Schweizer Rohstoffhandelsriesen Trafigura und Vitol von Korruption und Misswirtschaft. Aber auch Mercuria und nigerianische Händler mit Genfer Tochtergesellschaften scheinen abzusahnen." So fasst die EvB den Bericht zusammen. Die nichtstaatliche Organisation fordert "mehr Firmentransparenz nach dem brandneuen britischen Vorbild".

Das westafrikanische Nigeria sei zwar führender Erdölproduzent des Kontinents, Lebenserwartung und Einschulungsrate seiner 173 Millionen EinwohnerInnen lägen aber dennoch unter dem Durchschnitt der Länder südlich der Sahara, heißt es in dem Bericht. Massgeblichen Anteil am nigerianischen "Rohstofffluch" habe die "allmächtige Nigerian National Petroleum Corporation (NNPC)". Dank so exklusiver wie intransparenter Partnerschaften mit dieser staatlichen Ölgesellschaft beherrschten Trafigura und Vitol über ein Viertel aller nigerianischen Ölexporte. Zähle man dazu die nigerianischen Händler mit Genfer Filiale, erhöhe sich der "Schweizer" Marktanteil gar auf 56 Prozent bzw. 14 Milliarden Dollar.

"Laut offiziellen Untersuchungsberichten wird Öl oft unter Marktwert verkauft", so die EvB. "Kein Wunder also weist der kompromittierende Brief eines Geschäftspartners Vitol darauf hin, dass 'in Bälde wettbewerbsfähige Preise verrechnet werden müssen'. Die bei solchen Transaktionen üblichen Absprachen und Verbindungen zu in Steueroasen domizilierten Firmenablegern erhärteten den Korruptionsverdacht.
 
Der Mangel an eigenen Raffinerie-Kapazitäten zwinge das erdölreiche Nigeria zudem zur Einfuhr von Benzin, Kerosin und Heizöl. Dieses paradoxe Importgeschäft werde massiv subventioniert, was zu einem der grössten Betrugsfälle in Afrikas Geschichte geführt habe: "Allein von 2009 bis 2011 bezogen beteiligte Firmen 6,8 Milliarden Dollar an unrechtmässiger staatlicher Unterstützung. Die laufenden Ermittlungen der nigerianischen Finanzbehörden zeigen, dass die den Ölexport dominierenden Schweizer Händler auch umfangreiche Geschäfte mit dubiosen nigerianischen Importfirmen machen. Einige davon haben keinerlei operative Aktivitäten oder sind, etwa bei Mercuria-Beteiligungen, im Besitz politisch exponierter Personen. Entsprechend stehen fünf Genfer Handelsfirmen im Zentrum eines hängigen nigerianischen Rechtshilfebegehrens an die Schweiz. Der EvB-Report zeigt ausserdem, dass mindestens sieben der in diesen Grossbetrug verwickelten nigerianischen Importeure über eine Schweizer Tochtergesellschaft verfügen."
 
Der Fall Nigeria zeigt aus der Sicht der EvB "exemplarisch den immensen Einfluss, den die Geschäftspraktiken von Schweizer Rohstoffhändlern auf ein Entwicklungsland haben können". Parlament und Bundesrat müssten deshalb sicherstellen", dass hiesige Firmen nicht Teil von Missständen sind".

Dafür ist mindestens folgendes Dreipunkteprogramm für mehr Transparenz und Sorgfalt notwendig:
Offenlegung der Zahlungen von Rohstoffhändlern an Regierungen, damit die Veruntreuung von Rohstoffeinnahmen durch staatliche Funktionäre (z.B. bei der NNPC) erschwert wird.
Schweizer Handelsfirmen müssen gesetzlich zu mehr Sorgfalt bei der Auswahl ihrer Geschäftspartner und der Abklärung der Herkunft der Rohstoffe verpflichtet werden.
Es braucht ein öffentlich einsehbares Register der wirtschaftlich Berechtigten. So würden die Hintermänner der nigerianischen Briefkasten-Firmen in Genf sichtbar und der Korruptionsverdacht geklärt.

Die britische Regierung hatte letzten Donnerstag angekündigt, als erstes Land ein solch öffentliches Register der wirtschaftlich Berechtigten (ultimate beneficial ownership) einzurichten. Zugleich gab sie bekannt, die EU-Transparenzregeln für die Rohstoffbranche bereits nächstes Jahr national umzusetzen.
 
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