Rio de Janeiro (epo). - Die Menschenmasse in weißen Gewändern leuchtete stärker als die Feuerwerkskaskaden. Tausende Altäre mit flackernden Kerzen, Palmwedeln, Sekt, Zuckerrohrschnaps, Blumen und Parfüm wurden zu Ehren der Meeresgöttin Yemanj im Sand errichtet. Hellblaue kleine Holzboote mit weiß gekleideten Puppen trieben als menschliche Boten ins Meer hinaus. Verzückte Gläubige, umringt von ihrer singenden Gemeinde, wateten durch die Brandung, um Yemanja? näherzukommen und ihr Wohlwollen für das neue Jahrtausend zu erbitten.
Sao Paulo (epo). Hupende Autos mit rot-weißen Fahnen ziehen langsam durch S?o Paulos Finanzzentrum. Ein Fahnenmeer umspült die Bühne hinter den Absperrungen, auf der sich begeisterte Redner mit einer Musikgruppe abwechseln. Fernsehteams stehen bereit. Ordner in roten Kitteln bilden ein Spalier. Die noble Avenida Paulista, wo sonst Fußballmeisterschaften oder Jahreswechsel gefeiert werden, ist in dieser kühlen Frühlingsnacht fest in der Hand der "petistas", wie die Aktivisten der Arbeiterpartei PT heißen.
Rio de Janeiro (epo). - Sein Mut machte den schmächtigen Geistlichen zu einem mächtigen Mann. Furchtlos prangerte Dom Helder Camara die Folter von politischen Gegnern während der brasilianischen Militärdiktatur an (1964-1985). Armut war für den herausragenden Befreiungstheologen eine "Beleidigung Gottes, die Menschen zu Tieren herabwürdigt". Er verlangte von seiner Kirche, sich auf die Seite der Armen zu stellen und warnte davor, Religion "als Opium zum Einschläfern des Volkes zu mißbrauchen". In der Nacht zum vergangenen Samstag starb der Alterzbischof von Recife im Alter von 90 Jahren an den Folgen einer Harnweginfektion. Nicht nur in der Metropole des brasilianischen Nordostens, in ganz Brasilien löste der Tod des "Bruders der Armen" Trauer und Nachdenklichkeit aus. Von Astrid Prange
Rio de Janeiro (epo). - Die Ureinwohner kämpfen nicht nur ums Überleben, sondern auch um ihre Identität: 500 Jahre nach der Entdeckung Brasiliens durch den portugiesischen Seefahrer Pedro Alvares Cabral ist ihre Existenz ohne finanzielle und politische Abhängigkeit von der sogenannten Zivilisation unvorstellbar. Die Ausweisung von Reservaten ist lediglich der erste Schritt zur Bewahrung der vielfältigen indianischen Kultur. In Wirklichkeit geht es darum, im neuen Jahrtausend eine Nische der Toleranz im heutigen Brasilien zu finden, wo steinzeitliche Lebensformen und computergesteuerte Informationstechnologie gleichzeitig nebeneinander existieren können.