WTO ProtestGenf/Berlin (epo.de). - Bei der am Montag in Genf beginnenden Mini-Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) sollen die Verhandlungen über neue Welthandelsregeln im Agrar-, Industriegüter- und Dienstleistungsbereich nach mehr als sieben Jahren abgeschlossen werden. Die Hilfsorganisation Oxfam warnt, dass der derzeitige Vertragsentwurf die industrielle Entwicklung und die Nahrungsmittelversorgung in den armen Ländern gefährde.

"Die Verhandlungen in der WTO gehen weiter, als ob es die Nahrungsmittelkrise nicht gegeben hätte", kritisiert Marita Wiggerthale, Handelsexpertin bei Oxfam Deutschland die Stragie der Industriestaaten. Die Bundesregierung und die EU versuchten die armen Länder zu zwingen, ihre Nahrungsmittelmärkte zu öffnen und die Kleinbauern damit schutzlos den subventionierten Biligimporten der reichen Länder auszusetzen. "Wer den Hunger wirksam bekämpfen will, muss die Kleinbauern in den armen Ländern fördern und sie vor unfairer Konkurrenz schützen", sagt Wiggerthale.

Noch vor 14 Tagen habe Bundeskanzlerin Angela Merkel beim G8-Gipfel vor den verheerenden Folgen einer andauernden Nahrungsmittelkrise gewarnt und eine langfristige Strategie zur Steigerung der weltweiten landwirtschaftlichen Produktion gefordert. "Doch wenn es um die Interessen der deutschen Wirtschaft geht, sind alle Entwicklungsversprechen schnell vergessen", so Wiggerthale. In der Welthandelsrunde im Rahmen der WTO sei es das erklärte Ziel der Bundesregierung, die Zölle zugunsten der deutschen Exportwirtschaft zu senken.

"Außerdem sollen bei den Industriegüter- und Dienstleistungsverhandlungen bereits bestehende Vereinbarungen durch neue Regelungen außer Kraft gesetzt werden, weil sie den Wirtschaftsinteressen der reichen Länder widersprechen", ergänzt die Welthandels-Expertin. Arme Länder sollten beispielsweise nur dann zusätzliche Ausnahmeregeln zum Schutz ihrer im Aufbau befindlichen Industrien anwenden dürfen, wenn sie zuvor einem weitgehenden Abbau von branchenbezogenen Industriezöllen zugestimmt haben. "Die EU untergräbt damit die Entwicklung in den armen Ländern", kritisiert Wiggerthale.

Oxfam fasst die Themen und Verhandlungspositionen, um die es in Genf geht, so zusammen:
  • Industriegüter: Die Forderung der EU, dass in Entwicklungsländern nur 50-70 Prozent der Zoll-Linien in einer Produktkategorie als Ausnahmen gelten dürfen, stößt auf vehementen Widerstand der Entwicklungsländer.
  • Dienstleistungen: Der Verhandlungsentwurf sieht die Aushebelung des Freiwilligkeitsprinzips, das im WTO-Dienstleistungsabkommen mit Blick auf die Liberalisierung verankert ist, vor.
  • Landwirtschaft: Die Entwicklungsländer sollen nur sechs Prozent der Zoll-Linien im Grundnahrungsmittelbereich komplett von der Liberalisierung ausnehmen dürfen. Die Entwicklungsländer hatten ursprünglich 20 Prozent und zuletzt mindestens acht Prozent gefordert.

www.oxfam.de


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