whhBonn (epo.de). - Die Welthungerhilfe ist empört über die Abhöraktion gegen das von ihr geleitete Projekt "Afghan NGO Safety Office" (ANSO) Afghanistan. Der BND hatte in einem Schreiben die Welthungerhilfe darüber informiert, dass von Oktober 2005 bis April 2008 mehr als 2000 "Telekommunikationsverkehre" erfasst und ausgewertet wurden. Die Welthungerhilfe wolle den Vorgang einem Verfassungsrechtler zur Prüfung übergeben, teilte die Nichtregierungsorganisation am Montag in Bonn mit.

Generalsekretär Hans-Joachim Preuß forderte in einem Schreiben Bundeskanzlerin Merkel dazu auf, den Vorfall (epo.de berichtete) zu untersuchen und sicherzustellen, dass Entwicklungshelfer künftig nicht mehr abgehört werden. "Dass deutsche Verfassungsorgane eine unabhängige deutsche Entwicklungsorganisation observieren, befremdet und irritiert uns", heißt es in dem Brief. "Wir gehen davon aus, dass sich die für diese Maßnahme politisch Verantwortlichen entschuldigen. Und wir erwarten, dass Sie erklären, dass solche Abhöraktionen gegen Projekte und Mitarbeiter humanitärer Organisationen, die in einem gefährlichen Umfeld arbeiten, zukünftig unterbleiben."

ANSO ist ein unabhängiges Projekt, das von der EU und anderen europäischen Regierungen (Schweiz und Norwegen) finanziert und von der Welthungerhilfe geleitet wird. Es untersucht die Sicherheitslage und stellt die Informationen kostenlos allen Nichtregierungsorganisationen und staatlichen Stellen zur Verfügung.

"Das ist eine offensichtliche Verschwendung von Steuergeldern, wenn Organisationen ausspioniert werden, deren Berichte ohnehin öffentlich sind", sagte Nic Lee, Projektleiter von ANSO. "Der deutsche Geheimdienst sollte sich lieber auf die Taliban konzentrieren."

Noch schwerer wiege allerdings der Umstand, dass die Abhöraktion die Arbeit von ANSO gefährde. Nic Lee: "Das untergräbt das Vertrauen in uns. Wir werden es schwerer haben, Informationen von anderen Nichtregierungsorganisationen zu bekommen, wenn man Angst haben muss, dass man abgehört wird."

Generalsekretär Preuß betonte, Unabhängigkeit sei oberstes Prinzip und eine wesentliche Sicherheitsvoraussetzung für die Arbeit der Welthungerhilfe in Afghanistan. "Wir distanzieren uns von jeglicher Form zivil-militärischer Zusammenarbeit. Wir orientieren uns an den Bedürfnissen der afghanischen Zivilbevölkerung, vor allem in den ländlichen Gebieten. Humanitäre Hilfe muss unparteilich sein. Militärische oder andere strategische Überlegungen spielen für uns keine Rolle. Die Abhöraktion des BND trägt jedoch dazu bei, dass sich diese Grenzen weiter verwischen, das ist empörend."

Die Deutsche Welthungerhilfe ist seit 1980 ohne Unterbrechung in Afghanistan tätig. Insgesamt wurden rund 100 Projekte im Volumen von 75 Mio. Euro durchgeführt. Schwerpunkte der Arbeit liegen im Norden und Osten. Die Organisation hat sich auf die ländliche Infrastruktur wie Trinkwasserversorgung, Bewässerungssysteme, Ernährungssicherung sowie Erosionsschutz konzentriert. Außerdem führt sie Projekte zur kommunalen Dorfentwicklung sowie zur Schaffung von alternativen Einkommensmöglichkeiten für Opiumbauern durch.

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