gmf logoBonn - Vom 30. Juni bis zum 2. Juli findet das Globale Medienforum (Global Media Forum) zum siebten Mal in Bonn statt. 2014 lautet das Thema: "Von der Information zur Beteiligung - Herausforderungen für die Medien". Drei Tage lang diskutieren Fachleute aus aller Welt im ehemaligen Plenarsaal des Deutschen Bundestages über jüngere und jüngste Entwicklungen in der weltweiten Medienlandschaft. Dabei liegt ein bedeutender Schwerpunkt auf der Frage, ob die Auswertung von Daten durch Diensteanbieter im Internet und vor allem die massenhafte Ausspähung des Internets durch Nachrichtendienste eine Gefahr für den (Online-)Journalismus und die neuen internetgestützten zivilgesellschaftlichen Beteiligungmöglichkeiten darstellt.

Die Zukunft des Journalismus bildete die Kernfrage des ersten Veranstaltungsblocks, zu der Vertreter der Medienindustrie und Medienschaffende Stellung bezogen. Google-Vizepräsident Vincent Gray Cerf bemühte sich, die zunehmende Flut persönlicher Daten als "absolut normal" darzustellen. Die Informationen dienten dazu "Kultur zu bewahren" und könnten auf elektronischem Wege sehr vielen Menschen zugänglich gemacht werden. Zur Auswertung solcher Daten durch interessierte Konzerne äußerte Cerf sich nicht. Er verwies statt dessen auf die technische Notwendigkeit, Bewegungen von Menschen zu registrieren - etwa bei Maut-Systemen oder für die mobile Telefonie. Zugleich warnte er vor einer "Balkanisierung" des Netzes etwa durch staatliche Maßnahmen. Das schade Forschung, Kultur und Wirtschaft gleichermaßen.

Mathias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende des Springer Verlages, gab ebenfalls Statements ab, die von wirtschaftlichen Interessen eingefärbt waren. Er stellte die Frage in den Raum, wem "der Weltschatz der persönlichen Daten" gehöre, der durch die Nutzung des Internets entsteht, ließ sie allerdings unbeantwortet. Zur Zukunft des Online-Verlegertums gab er sich überzeugt, dass die Menschen bereit seien, für solche Inhalte zu bezahlen, die ihnen gefielen. Nicht jeder wolle sich zum Beispiel die Arbeit machen, seine Nachrichten selbst zusammenzustellen. Menschen wollten "geführt" werden, und es werde sich eine "digitale Meinungsführerschaft" herausbilden.

In der Podiumsdikussion verschob sich der Schwerpunkt hin zu Fragestellungen, die einen stärkeren Bezug zur journalistischen Praxis aufwiesen. Eingangs wies der Moderator Tim Sebastian, Vorsitzender der New Arab Debates und langjähriger BBC-Auslandskorrespondent, auf die Tatsache hin, dass nur etwa 15 Prozent der Menschheit Zugang zu freien Medienerzeugnissen hat. Er fragte nach aktuellen Gefahren für die Pressefreiheit und der veränderten Rolle, die Journalisten in der neuen elektronischen Medienlandschaft hätten.

Jawhar Sircar, Geschäftsführer (CEO) von Prasar Bharati, der öffentlich rechtlichen Medienanstalt in Indien zeichnete ein differenziertes Bild der Gefährdungen, denen die Pressefreiheit aktuell unterliege. Zum einen verwies er auf die weiterhin bestehenden Einschränkungen druch autoriutäre Regime, die sich selbstverständlich auch heute schon zu einem wesentlichen Teil auf die neuen elektronischen Medien erstreckten. Zum anderen wies auf die direkte physische Gefährdung von Journalisten hin, die derzeit in vielen Regionen der Welt zunehme. Schließlich spielten jedoch auch die Interessen privater Unternehmen eine bedeutende Rolle in bezug auf die Pressefreiheit, da diese zunehmend versuchten, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen.

Jeff Jarvis, Journalist und Professor an der City University of New York, sprach die Rollenteilung zwischen Journalisten und dem Publikum an. Heutzutage schaffe praktisch jeder Mensch Inhalte, der über einen Internetzugang verfüge. Dadurch ändere sich die Rolle der Journalisten: Sie stünden heute viel mehr im Kontakt zur Öffentlichkeit und ihre Rolle bestehe stärker in der Sortierung und Bewertung von Inhalten als in der Erzeugung von Nachrichten.

Ein weiterer Schwerpunkt des diesjährigen Globalen Medienforums wird sich um die Frage drehen, wie politische Willensbildung im digitalen Zeitalter funktioniert. Dabei wird sowohl nach der Rolle des Einzelnen gefragt, als auch nach der veränderten Rolle, die Politiker und Journalisten dabei spielen (können). Wie können die persönlichen Daten in einem solchen Umfeld geschützt werden, welche Rolle spielen Whistleblower, und gibt es Grenzen für die Pressefreiheit?

Der letzte große Themenblock dreht sich um die Frage, wie das Spannungsverhältnis zwischen elektronischer Teilhabe und Netzsicherheit künftig entwickelt wird. Insbesondere die Aufdeckung der globalen Aktivitäten der NSA hätten das Vertrauen in die Netzsicherheit empfindlich gestört. Einerseits seien verbessertes zivilgesellschaftliches Engagement, mehr Transparenz und demokratische Teilhabe ohne die modernen Kommunikationstechnologien nur schwer vorstellbar. Andererseits bleibe die Frage, ob Online-Überwachung und Speicherung personenbezogener Daten durch Behörden und Unternehmen der Preis sein müsse, der dafür gezahlt wird.

Das Globale Medienforum wird von der Deutschen Welle veranstaltet und von der Stiftung für Internationalen Dialog der Sparkasse Köln/Bonn. Unterstützung kommt außerdem vom Auswärtigen Amt und dem Bundesministrium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Darüber hinaus beteiligen sich viele Kooperationspartner an dem Event wie etwa Amnesty International, die Deutsche Telekom, das Grimme-Institut, die NATO, die Vereinten Nationen, aber auch das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik und das Vodafone Institut für Gesellschaft und Kommunikation sowie Voices of Africa.

Am Montagabend (30. Juni) wird Bundesentwicklungsminister Gerd Müller ab 17:30 eine Rede halten und am Dienstag (1. Juli) wird Bundesaußenminister ab 11:00 Frank-Walter Steinmeier zum Globalen Medienforum 2014 sprechen. Beide Reden können im Internet im Live-Stream mitverfolgt werden.

www.dw-gmf.de 


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