Brüssel. - Entwicklungsländer verlieren jedes Jahr Milliarden US-Dollar, weil staatliche Institutionen der Entwicklungsfinanzierung Gelder heimlich über Steueroasen leiten, um Großkonzerne zu Aufträgen zu verhelfen. Das geht aus den Bericht "Going offshore: How development finance institutions support companies using the world’s most secretive financial centres" hervor, den das NGO-Netzwerk Eurodad am Mittwoch in Brüssel veröffentlicht hat.
"Development Finance Institutions (DFIs) are government-controlled institutions that, as this report shows, often support private sector projects that are routed through tax havens, using scarce public money", heißt es in der Zusammenfassung des Berichts. "By supporting projects in this way, DFIs are helping to reinforce the offshore industry as they are providing income and legitimacy."
Die Autoren des Berichts, Mathieu Vervynckt, María José Romero, Tove Maria Ryding und Jesse Griffiths, haben drei multilaterale und 14 bilaterale Development Finance Institutions (DFIs) untersucht, insbesondere deren Verbindungen zu Steueroasen und ihre Standards bei der Entscheidung, wohin Entwicklungsgelder fließen sollen. Das Ergebnis: DFIs schleusen große Investitionssummen über Länder und Orten, in denen Steuern vermieden werden können.
Der Bericht führt als Beispiel die CDC Group plc (CDC) an. Die CDC wurde 1948 als Colonial Development Corporation gegründet und später in Commonwealth Development Corporation umbenannt. Heute ist die CDC sowohl Entwicklungsfinanzierer als auch Beteiligungsgesellschaft. Ende 2103 hatte die CDC dem Bericht zufolge 118 ihrer 157 Investitionen über Hoheitsgebiete geleitet, die zu den Top 20 der im Index des Tax Justice Network gelisteten Steueroasen zählen. In den Jahren 2000 bis 2013 erhielten die betreffenden Fonds von der CDC 3,8 Milliarden Dollar. Allein 2013 waren es 553 Millionen.
Die CDC Group verfügt über ein Investitionsvolumen von 2,8 Milliarden britischen Pfund und konzentriert sich vor allem auf Südasien und Subsahara-Afrika.
Die belgische Investitionsgesellschaft für Entwicklungsländer (BIO) hatte sich 2013 in 42 Investitionsfonds engagiert, von denen laut Eurodad-Bericht 30 als Steueroasen gelten. Die Investitionssumme belief sich auf 207 Millionen Dollar. Norwegens "Norfund" kanalisierte 46 von 165 Investments durch Steuervermeidungsorte.
Auf deutscher Seite ist die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), die zur Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gehört, der staatliche Entwicklungsfinanzierer. Laut Bericht flossen sieben von 46 Investitionsprojekten, die Ende 2012 im Portfolio waren, durch Steueroasen wie die Cayman Islands oder die britischen Jungferninseln.
AUCH BUNDESREGIERUNG NUTZT JUNKERS STEUERPARADIES
"Nicht nur Privatunternehmen, sondern auch die deutsche Bundesregierung hat in den letzten Jahren Gelder im Steuerparadies Luxemburg geparkt", erklärte Niema Movassat, Obmann der Fraktion DIE LINKE im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, zu dem vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gegründeten Africa Agriculture and Trade Investment Fund (AATIF) mit Sitz in Luxemburg, wo unter anderem keine Ertragssteuer und nur eine einmalige Kapitalsteuer fällig werde. Movassat weiter:
"Der AATIF ist an sich schon ein höchst fragwürdiges Instrument der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Der Fonds stellt den Versuch dar, mit den US-amerikanischen Agrar-Investmentfonds gleichzuziehen und durch die Finanzierung von großflächigen Landwirtschaftsprojekten in Afrika Geld zu machen. Dabei drohen die Interessen von Kleinbauern und das Ziel der Ernährungssicherung auf der Strecke zu bleiben.
Das BMZ hatte den AATIF laut Movassat 2011 gemeinsam mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und der Deutschen Bank gegründet, wobei die Bundesregierung 45 Millionen Euro und die beiden Banken 20 Millionen Euro Startkapital beigesteuert hätten. Neben den steuerlichen Erleichterungen, die die Ansiedlung des Fonds in Luxemburg mit sich bringe, profitierten die privaten Investoren dort auch noch von dem sogenannten Wasserfallprinzip. Dadurch würden finanzielle Risiken, vor allem von den öffentlichen Geldgebern – sprich der Bundesregierung – getragen. Die Bundesregierung helfe damit, die Gewinne von Deutscher Bank und KfW auf Kosten der afrikanischen Bauern, aber auch des deutschen Fiskus, weiter in die Höhe zu treiben. DIE LINKE fordert daher, den Fonds mit sofortiger Wirkung aufzulösen.