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Köln. - Vor einem Jahr haben Terroristen mehr als 200 Schulmädchen im Norden von Nigeria entführt. Die Situation für Kinder hat sich laut UNICEF seither in der Region weiter verschärft. Die Zahl der Menschen, die aus Angst vor Boko Haram und der Kämpfe mit Regierungstruppen und bewaffneten Bürgerwehren innerhalb Nigerias auf der Flucht sind, hat sich in einem Jahr auf 1,2 Millionen fast verdoppelt. Das geht aus dem am Montag in Köln veröffentlichten Bericht "Missing Childhoods. The impact of armed conflict in Nigeria and beyond" hevor.

Mehr als 200.000 Flüchtlinge haben nach Angriffen oder Drohungen gegen ihre Dörfer Schutz in den Nachbarländern Niger, Tschad und Kamerun gesucht. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge und Vertriebenen – 800.000 – sind Kinder. "Die Entführung der Mädchen aus Chibok vor einem Jahr war ein schreckliches Verbrechen. Angriffe auf Schulen und Entführungen von Kindern dürfen in Nigeria nicht länger zum Alltag gehören“, sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. "Schutz und Hilfe für Kinder in der Region müssen wo immer möglich verstärkt werden."

Tausende Kinder aus Nigeria sind Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen. Mädchen und Jungen werden getötet, entführt, zwangsverheiratet, als Kämpfer rekrutiert oder in extremen Fällen dazu gezwungen, sich als Selbstmordattentäter in die Luft zu sprengen. Zwischen 2012 und 2014 wurden bei gezielten Angriffen auf Schulen im Nordosten Nigerias mindestens 196 Lehrer und 314 Schüler getötet, mehr als 300 Schulen wurden zerstört oder schwer beschädigt.

Afrikareferent Ulrich Delius von der Gesellschaft für bedrohte Völker sagte: "Der Fall der entführten Mädchen aus Chibok ist typisch für das Versagen von Nigerias Sicherheitskräften beim Schutz der Zivilbevölkerung. Polizei, Armee und Regierung haben nicht nur bei der Suche nach den Mädchen versagt, sondern auch systematisch ihre Familienangehörigen ausgegrenzt, unter Druck gesetzt und sogar kriminalisiert, um jede öffentliche Diskussion über die Entführung zu unterdrücken."

Viele Familien kommen nach langer Flucht völlig entkräftet und mittellos in Flüchtlingscamps an und brauchen dringend Hilfe. Immer mehr Kinder und Jugendliche sind auf sich allein gestellt, weil ihre Eltern tot sind oder sie auf der Flucht von ihnen getrennt wurden. Allein in den Provinzen Borno und Yobe hat UNICEF 2.400 unbegleitete Mädchen und Jungen registriert. Sie sind besonders gefährdet, Opfer von Missbrauch oder Ausbeutung zu werden.

UNICEF hat seine Nothilfe in Nigeria sowie Niger, Kamerun und Tschad ausgeweitet und richtet unter anderem Notschulen in Flüchtlingscamps ein. Seit Anfang 2015 können 40.000 nigerianische Kinder dadurch wieder zur Schule gehen. Mit Unterstützung von UNICEF haben außerdem 60.000 Mädchen und Jungen psychologische Hilfe erhalten, um ihre Erlebnisse zu verarbeiten. In Nordnigeria, Kamerun und Niger wurden fast 1,8 Millionen Kinder gegen Polio sowie 900.000 gegen Masern geimpft. UNICEF hat zudem rund 8.000 mangelernährte Kleinkinder mit therapeutischer Nahrung versorgt, damit sie wieder zu Kräften kommen.

UNICEF fordert alle Konfliktparteien dringend dazu auf, ihren Verpflichtungen gemäß internationalem Recht nachzukommen und für den Schutz von Kindern zu sorgen. Dazu gehört, dass Angriffe auf Schulen sofort aufhören müssen, entführte Kinder zu ihren Familien zurückgebracht werden und keine Kindersoldaten rekrutiert werden. Darüber hinaus fordert UNICEF ungehinderten Zugang für humanitäre Helfer sowie mehr finanzielle Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft. UNICEF macht weltweit mit der Kampagne #BringBackOurChildhood auf das Leid der nigerianischen Kinder aufmerksam und ruft zur Unterstützung auf.

=> Bericht "Missing Childhoods. The impact of armed conflict in Nigeria and beyond"

Bild: ©Unicef NYHQ2015-0727/Umar

Quelle: unicef.de | gfbv.de


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