bzfo 120Berlin. - Am 20.07.2015 lief die Umsetzungsfrist der EU-Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU), welche die Mindeststandards für die Aufnahme(-bedingungen) Schutzsuchender festlegt, ab. Die Richtlinie verpflichtet die für deren Umsetzung zuständigen Bundesländer besonders schutzbedürftige Flüchtlinge "die erforderliche medizinische und sonstige Hilfe, einschließlich einer […] psychologischen Betreuung" zukommen zu lassen. In Berlin ist dafür seit dem Jahr 2008 das Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge (BNS) zuständig. Finanziert wurde die Arbeit der Fachstellen des Netzwerks bislang größtenteils aus Projektgeldern der EU, diese brechen nun jedoch weg. Davor hat das bzfo am Donnerstag gewarnt.

Als besonders schutzbedürftig gelten unter anderem Minderjährige, unbegleitete "Minderjährige, Behinderte, ältere Menschen, Schwangere, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, Opfern des Menschenhandels, Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen, Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben".

MASSIVE KÜRZUNGEN BEI GLEICHZEITIG STEIGENDEM BEFARF

Die derzeit sechs Fachstellen des Berliner Netzwerks für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge bieten der Zielgruppe neben Beratung und Begleitung insbesondere eine angemessene psychologisch psychotherapeutische Erstversorgung.

Das vorgeschriebene Verfahren zur Beurteilung ob Antragsteller "Person[en] mit besonderen Bedürfnissen" sind, wurde in enger Kooperation zwischen BNS und der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales entwickelt und verfolgt einen kooperativen Ansatz, um die Vorgaben der Richtlinie zu erfüllen.

Der Umfang der von der EU dem Mitgliedsstaat Deutschland zu Verfügung gestellten und durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verwalteten Gelder ist laut BNS trotz drastisch gestiegenen Bedarfs - der Senat rechnet für das Jahr 2015 mit 20.000 Antragstellenden in Berlin - erheblich gesunken. Hierdurch komme es bundesweit zu drastischen Finanzierungsengpässen, die in Berlin auch das Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge betrifft.

Der Berliner Senat wurde von dieser Entwicklung ebenso überrascht wie die Fachstellen. Gemeinsam müsse nach Wegen gesucht werden die Arbeit der Fachstellen zu sichern und deren Kapazitäten an die Bedarfe anzupassen. Diese Forderung wird unter anderem auch von den Wohlfahrtsverbänden unterstützt.

Sollte das Land Berlin keine Lösung finden, droht das Netzwerk und dessen dringend notwendige Beratungs- und Versorgungsarbeit und insbesondere dessen Erfahrungen im Umgang mit der Zielgruppe verloren zu gehen. Vor dem Hintergrund der Umsetzungspflicht der EU-Aufnahmerichtlinie und den Herausforderungen bei der Versorgung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge kann sich das Land Berlin ein solches Szenario kaum leisten.

Quelle: bzfo.de


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