Berlin. - Als "enttäuschend" und "schlechte Nachricht für die Entwicklungsländer" hat das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt das Ergebnis der 10. WTO-Ministerkonferenz in Nairobi bewertet. "Im Gegensatz zum zukunftsweisenden Beschluss der Pariser Klimakonferenz standen bei der WTO die Interessengegensätze zwischen reichen und armen Ländern im Vordergrund", erklärte Sven Hilbig, Welthandelsexperte von Brot für die Welt. "Der fehlende Konsens über die Fortsetzung der Doha-Runde ist de erste Schritt zum Ausstieg aus der Entwicklungsagenda der WTO."
Die gesamten Verhandlungen wurden von dem erbitterten Streit über eine Beendigung der Doha-Runde dominiert. Die Entwicklungsländer wollten die vor 14 Jahren begonnenen Verhandlungen nicht ergebnislos abschließen, so Brot für die Welt. Die Industriestaaten hingegen verabschiedeten sich von der Entwicklungsagenda. Denn nur ein Ende der Doha-Runde lasse es zu, dass Verhandlungen über neue Themen wie Investitionsschutz oder Dienstleistungen aufgenommen werden.
"Mit Verhandlungen über neue Themen wollen die Industrieländer ihren Konzernen den Zugriff auf die Dienstleistungsmärkte in Entwicklungsländern sichern", sagte Hilbig. Unfaire Konkurrenz beispielsweise im öffentlichen Beschaffungswesen würde verhindern, dass kleine lokale Anbieter bei staatlichen Aufträgen zum Zuge kämen. "Das Versprechen von Doha, die Stellung von Entwicklungsländern im Welthandel zu stärken, hat sich in Nairobi nicht erfüllt", kritisierte Welthandelsexperte Hilbig. Die in Nairobi verabschiedete Erklärung enthalte erstmals gegensätzliche Positionen.
Auch die Fortschritte im Agrarbereich sind aus der Sicht von Brot für die Welt unzureichend. Die Delegationen einigten sich nach langem Streit lediglich auf das Verbot von Exportsubventionen bis 2023 – ein Instrument, auf das die EU seit Jahren freiwillig verzichtet. Allerdings setzten die USA eine Ausnahme für ihre Exportkredite durch.
Schon lange fordern Entwicklungsländer Schutzmaßnahmen wie Quoten und Sonderzölle gegen die Überflutung ihrer Agrarmärkte durch Dumpingprodukte. "Nach wie vor sind Industriestaaten nicht bereit, den Entwicklungsländern Schutzmaßnahmen zu gewähren, wenn subventionierte Dumpingprodukte ihre Märkte überfluten", so Francisco Mari, Landwirtschafts-Referent von Brot für die Welt. "Das Ungerechte dabei ist, dass die WTO-Regeln beispielsweise der EU solche Schutzmaßnahmen erlauben und diese auch immer wieder angewendet werden."
Die Industriestaaten machen laut Brot für die Welt geltend, dass Schwellenländern aufgrund ihrer Wirtschaftskraft nicht mehr die gleichen Handelsvorteile wie den ärmsten Ländern gewährt werden sollten. Bei ihrem Versuch, die Gruppe der Entwicklungsländer aufzuspalten, kämen aber die ärmsten Staaten unter die Räder. "Die großen Verlierer im Zwist zwischen Industrie- und Schwellenländern sind die ärmsten Staaten. Notwendig wäre ein Welthandelssystem, in dem faires Wirtschaften und soziale Rechte
grundlegend sind", erklärte Handelsexperte Sven Hilbig.
Quelle: www.brot-fuer-die-welt.de