Hamburg (epo). - Der Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung der UN-Menschenrechtskommission, Jean Ziegler, hat den Europäern vorgeworfen, sich in Fragen der Menschenrechte von "den hemdsärmeligen Kerlen aus dem Weißen Haus vorführen" zu lassen. In einem Interview mit dem Hamburger Magazin stern sagte der Schweizer Soziologe, die Amerikaner zertrümmerten im Kampf gegen den Terrorismus "prinzipielle Errungenschaften der Menschheit". In der internationalen Politik herrsche nun wieder das "Faustrecht".
"Sie brechen mit den Menschenrechten. Sie pfeifen auf die Genfer Konventionen. Sie schieben das internationale Recht zur Seite", erklärte Ziegler im "stern"-Interview. Die Europäer, so Ziegler, "schweigen, sie torkeln hilflos auf dem diplomatischen Parkett. Die Deutschen kuschen, benehmen sich wie die Lakaien". Sie hätten "noch gar nicht realisiert, was für ein Zivilisationsbruch sich vollzieht. Oder sie schließen die Augen, weil das bequemer ist".
Im Rahmen der US-Außen- und Sicherheitspolitik sei faktisch das "Folterverbot" aufgehoben, sagte Ziegler weiter. Dass CIA-Kommandos rund um die Welt Verdächtige jagen und offenbar geheime Folter-Gefängnisse betreiben, bezeichnete Ziegler als "die Regression in die absolute Barbarei".
Ziegler unterstellte der Bush-Regierung, die UNO "liquidieren zu wollen". "Kalt und brutal" greife die Bush-Administration die Vereinten Nationen an - besonders der neue amerikanische UN-Botschafter John Bolton benehme sich mit einer "unfassbaren Brutalität". Ziegler: "Das ist kein Stilbruch mehr, das ist ein Bruch mit den grundsätzlichen Werten."