Berlin. - Die Entscheidung der US-Regierung für den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen ist bei Umwelt- und Entwicklungsorganisationen auf heftige Kritik gestoßen. Germanwatch, Oxfam und Greenpeace warfen US-Präsident Donald Trump vor, sich der Realität zu verweigern. Die Entscheidung sei ein "Akt der Ignoranz", ein "Fußtritt für den globalen Klimaschutz" und eine moralische Bankrotterklärung. Zudem schade die US-Regierung der eigenen Wirtschaft.

"Der von Präsident Trump verfügte Ausstieg aus dem Paris-Abkommen ist ein Schlag ins Gesicht der gesamten Menschheit und er schwächt die USA selbst", sagte Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch. "Trumps Realitätsverweigerung ist zum einen zynisch, weil er einfach so tut, als gäbe es die globale Klimakrise mit all' ihren schon heute sichtbaren Folgen nicht. Die Regierung des Staates, der historisch gesehen mit seinen immensen Emissionen den größten Anteil zur Krise beigesteuert hat, kündigt den vom Klimawandel betroffenen ärmsten Menschen auf der Welt die Solidarität auf. Der Ausstieg aus dem Paris-Abkommen ist zum anderen dumm, denn er wird vor allem den USA selbst schaden. Klimaschutz und Erneuerbare Energien sind riesige Wachstumsbereiche. Die US-Regierung meldet ihr Land von diesen Zukunftsmärkten ab. Das haben auch viele Städte, Bundesstaaten und Unternehmen in den USA erkannt, die trotz Trumps' Entscheidung auf mehr Klimaschutz drängen."

Trump habe sich als beratungsresistent erwiesen und verweigere sich den Fakten, so Milke weiter. "In der vergangenen Woche hat Papst Franziskus Trump erklärt, dass es eine moralische Verpflichtung zum Klimaschutz und zur Unterstützung der Ärmsten gibt. Die anderen Regierungschefs der G7 haben zudem deutlich gemacht, wie stark die internationale Einigkeit beim Paris-Abkommen ist. Und führende Ökonomen der OECD haben vorgerechnet, dass Klimaschutz wirtschaftliche Chancen und Arbeitsplätze schafft. Überdies haben Unternehmenschefs betont, dass das Abkommen die verlässlichen Rahmenbedingungen schafft, die sie brauchen um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Wer das alles ignoriert, der ist blind für die Realität."

Nun müssten andere Regierungen umso mehr die internationale Klimapolitik und die Umsetzung des Paris-Abkommens forcieren, so Germanwatch. Klaus Milke: "Die EU und China müssen die internationale Klimapolitik vorantreiben - gemeinsam mit den vom Klimawandel am stärksten betroffenen Staaten, die häufig auch Vorreiter beim Klimaschutz sind. Der EU-China-Gipfel morgen bietet bereits die Gelegenheit, eine solche engere Zusammenarbeit anzukündigen." Mit Indien hat Bundeskanzlerin Merkel bereits diese Woche eine engere Partnerschaft beim Klimaschutz angekündigt. Eine so gestaltete informelle Allianz sollte auch weiteren Ländern offenstehen. Sie sollte sich zudem eng mit denjenigen US-Bundesstaaten abstimmen, die weiter auf Klimaschutz setzen.

Die nächste Chance, sich direkt mit Trump über Klimaschutz auseinander zu setzen, ist der G20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg. "Die Bundeskanzlerin muss gemeinsam mit weiteren Staats- und Regierungschefs Trump deutlich machen, dass er die weltweite Umsetzung des Paris-Abkommens nicht blockieren kann. Die G20 müssen ein ehrgeiziges Klimapaket verabschieden - auch ohne Trump. Es ist nun umso wichtiger, dass die G20-Staaten sich verpflichten, nächstes Jahr Pläne zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bis zur Mitte des Jahrhunderts vorzulegen, klimaschädliche Subventionen abzubauen und CO2-Preise einzuführen sowie Klimarisikoversicherungen für die verletzlichsten Menschen in armen Ländern aufzubauen", so Milke.

"FUSSTRITT FÜR DEN GLOBALEN KLIMASCHUTZ"

Oxfams Klima-Experte Jan Kowalzig sagte, die Entscheidung des US-Präsidenten sei "ein übler Fußtritt" für den globalen Klimaschutz. Das "Pariser Klimaschutzabkommen zu verlassen, ist ein unerträglicher Akt der Ignoranz, mit dem Donald Trump die USA weltweit isoliert und die Welt instabiler und unsicherer macht, damit seine Freunde aus der fossilen Energieindustrie weiter rücksichtslos ihre klimaschädlichen Geschäfte machen können."

Der Klimawandel sei eine der größten Bedrohungen unserer Zeit und habe das Potenzial, das Rad der menschlichen Entwicklung zurückzudrehen, erklärte Oxfam. Bis 2030 könne der Klimawandel weitere 100 Millionen Menschen in die extreme Armut zwingen. "Schon jetzt zerstört der Klimawandel durch extreme Dürren und Hitzewellen, schwere Stürme und den steigenden Meeresspiegel die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen. Betroffen sind insbesondere ärmere Länder, die kaum oder gar nicht zum Klimawandel beigetragen haben."

"Der Präsident versteht ganz offenbar nicht, wie sehr sein Versuch, der darbenden Kohleindustrie einen Rettungsring zuzuwerfen, letztlich den politischen und wirtschaftlichen Interessen der USA zuwiderläuft", so Kowalzig. "Die klimafreundliche Modernisierung der Weltwirtschaft ist ein gewaltiges Konjunkturprogramm. Tausende US-Unternehmen haben das längst verstanden, und Umfragen zeigen immer wieder, wie sehr auch die amerikanischen Bürgerinnen und Bürger im Gegensatz zu ihrem Präsidenten die Bedrohung des Klimawandels und die Dringlichkeit zu handeln verstanden haben."

Alle Länder, bis auf Syrien und Nicaragua, hätten das Abkommen unterzeichnet, 147 von 197 Ländern es bereits ratifiziert, betonte Oxfam. "Nur ein Jahr nach seiner Verabschiedung ist das Abkommen in Kraft getreten, das gab es noch nie. Die EU, China, Indien und viele weitere Akteure haben sehr deutlich unterstrichen, dass sie sich von der klimapolitischen Attacke aus den USA nicht beirren lassen werden. Selbst auf Bundesstaatenebene in den USA bleibt der Klimaschutz auf der Agenda. Richtig ist aber auch, dass das international vereinbarte Ziel, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2°C zu begrenzen, durch die Kehrtwende des US-Präsidenten schwieriger zu erreichen sein wird."

MORALISCHE BANKROTTERKLÄRUNG

"Trumps Entscheidung ist eine moralische Bankrotterklärung", sagte Sweelin Heuss, Geschäftsführerin von Greenpeace. "Mit seinem Alleingang sabotiert der Präsident den Schutz des Klimas, aber er bringt ihn nicht zu Fall – nicht weltweit und auch nicht in den USA. Die boomenden erneuerbaren Energien überholen auch in den USA die alte Energiewelt aus Kohle und Öl in vielen Bundesstaaten. Trump kann den Niedergang dieser schmutzigen Energien hinauszögern, aufhalten aber wird er ihn nicht."

TRUMP IST ISOLIERT

Ottmar Edenhofer, Chef-Ökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), sprach von einem schlechten Signal – nicht nur für die Klimapolitik, sondern auch für die Bereitschaft der USA, sich an der Lösung globaler Probleme zu beteiligen. "Aber das Klimaabkommen ist durch den Ausstieg der USA nicht tot. Beim G7-Gipfel hat sich gezeigt, dass die übrigen sechs Länder klar für den Klimaschutz einstehen und die Trump-Regierung isoliert ist. Beim G20-Gipfel wird das ähnlich sein. Es wird auch darauf ankommen, dass die Länder, die weiter auf Kohle setzen, wie Indien, Ägypten, die Türkei oder die Philippinen, davon überzeugt werden, dass sie die Kohle teuer zu stehen kommt – es gibt auch für diese Länder billigere Alternativen. Langfristig wird es ohne die USA aber nicht gehen, die 2°C-Grenze einzuhalten. Vier Jahre Trump wären wohl zu verschmerzen – bei acht Jahren wird es jedoch eng. Es gilt jetzt, den Schaden zu begrenzen."

Quellen: www.germanwatch.org | www.oxfam.de | www.greenpeace.de | www.mcc-berlin.net 


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