Bonn. - "Die deutsche Bayer AG versucht mit allen Mitteln, den Verkauf hochgefährlicher Pestizide und gentechnisch veränderten Saatguts weltweit zu steigern und nimmt dafür gezielt auf staatliche Behörden Einfluss." Diesen Vorwurf erhebt die neue Broschüre "Advancing Together? Ein Jahr Bayer-Monsanto: Eine kritische Bilanz". Die entwicklungspolitischen Organisationen INKOTA und MISEREOR stellten die Broschüre am Donnerstag in Bonn vor. Dort findet am Freitag auch die Bayer-Hauptversammlung statt.
Den Nachhaltigkeitsversprechen des Bayer-Konzerns stehen laut der Broschüre Fallbeispiele aus Argentinien, Brasilien, Indien und dem südlichen und östlichen Afrika gegenüber. Diese zeigten, dass der neue Megakonzern Umwelt und Menschenrechte gefährde und der Umsetzung der UN-Entwicklungsziele (SDGs) entgegenwirke, so INKOTA und MISEREOR.
Frappierend sei die Situation insbesondere in Ländern des globalen Südens, so die AutorInnen. Die Schädlichkeit von Glyphosat und anderen Pestiziden für Menschen und Umwelt werde nur minimal geprüft. Entsprechend schwach seien die Hürden für die Zulassung von Pestiziden und die Regulierung von deren Anwendung.
Alan Tygel von der brasilianischen Kampagne gegen Agrargifte und für das Leben erklärte: "Die Strategie von Agrarkonzernen wie Bayer ist immer dasselbe: Zuerst machen sie mit ihren Produkte Profite in den reichen Ländern. Wenn diese die Produkte verbieten, ziehen sie in ärmere Länder, wo die Konzernlobby mehr Einfluss auf die Aufsichtsbehörden ausüben kann." Diese Taktik funktioniere: Bayer vertreibe in Brasilien heute 50 Prozent mehr Wirkstoffe, die in der EU verboten sind, als noch 2016, so die AutorInnen.
Auch das umstrittene Projekt WEMA (Water-efficient Maize for Africa), ursprünglich von Monsanto, wolle Bayer fortführen. Im Rahmen der Initiative werde der angeblich dürreresistente Monsanto-Genmais der Sorte MON87460 auf Testfeldern in Kenia, Mosambik, Südafrika, Tansania und Uganda angebaut. Dazu sagte Lena Michelsen von INKOTA: "Mit der Weiterführung von WEMA ignoriert Bayer nicht nur Regierungsbeschlüsse aus Südafrika und Tansania, sondern auch die Kritik aus der Zivilgesellschaft an der weiteren Verbreitung von gentechnisch verändertem Mais." Monsantos Genmais weise in puncto Dürreresistenz kaum oder keine Vorteile gegenüber herkömmlichem Mais auf, zudem häuften sich die Indizien von resistenten Stängelbohrer-Motten in Südafrika.
"Bayer ist bewusst, dass seine Pestizide in vielen Fällen ohne die nötigen Vorsichtsmaßnahmen eingesetzt werden", sagte Sarah Schneider vom Werk für Entwicklungszusammenarbeit MISEREOR. "Die sichere Anwendung ist ein Mythos, insbesondere im globalen Süden. Das Risiko für die Gesundheit von Millionen Bauern, Bäuerinnen sowie Plantagenarbeitern und -arbeiterinnen hält Bayer jedoch nicht von der Vermarktung hochgiftiger Pestizide ab." Im Gegenteil vermarkte das Unternehmen seine Pestizide zum Teil mit doppelten Standards. "Um seine Profite zu steigern, nimmt Bayer Menschenrechtsverletzungen offensichtlich in Kauf und missachtet internationale Verhaltensregeln."
"Trotz seiner Nachhaltigkeitsversprechen und Imagekampagnen hält Bayer an seinem Geschäftsmodell fest", so Lena Michelsen von INKOTA. "Bayer ist fest entschlossen, auch die von Monsanto übernommenen Produkte – wie das umstrittene Glyphosat – zu verteidigen. Auch wenn der Firmenname Monsanto verschwinden soll, werden die bereits früher kritisierten Geschäftspraktiken des US-Konzerns unter dem Label von Bayer - dem nun größten Agrarkonzern der Welt mit Sitz in Deutschland - weitergeführt."
=> Broschüre "Advancing Together? Ein Jahr Bayer-Monsanto: Eine kritische Bilanz"
Quelle: www.misereor.de